Flüchtlinge:Eine Frage des Alters

Nicht jeder, der beim Alter lügt, ist gleich ein Gewaltverbrecher.

Von Kristiana Ludwig

Ein junger Afghane hat in Kandel ein Mädchen niedergestochen und getötet. Sie war 15. Ob auch er minderjährig war oder die Behörden über sein Alter belogen hat, darüber gibt es jetzt Diskussionen. Unionspolitiker fordern, dass Ärzte Asylbewerber künftig untersuchen sollen, um ihr wahres Alter festzustellen.

Ob ein Geflüchteter jünger ist als 18 Jahre, hat unter anderem Einfluss darauf, wie er in Deutschland lebt. Kinder und Jugendliche werden besser betreut, Erwachsene landen eher in Massenunterkünften. Es dürfte deshalb einige Asylbewerber geben, die bei ihrem Geburtsjahr schwindeln. Aber nicht jeder, der beim Alter lügt, ist gleich ein Gewaltverbrecher.

Es sind andere Dinge, die bei Flüchtlingen zu Aggressionen oder auch zu Verzweiflungstaten führen können. Traumata aus dem Krieg oder von der Flucht, das beengte Leben im Asylbewerberheim, das lange Warten auf Entscheidungen der Behörden, Perspektivlosigkeit. So etwas zermürbt junge Leute, volljährig oder nicht. Erinnerungen an Gewalt können neue Gewalt hervorrufen oder Menschen empfänglich machen für die Versprechen radikaler Prediger.

Tatsächlich sollten Flüchtlinge deshalb öfter einen Arzt sehen. Allerdings einen Psychotherapeuten. Denn viele von ihnen brauchen dringend mehr psychologische Begleitung. Wenn der Staat schon ärztliche Untersuchungen anordnet, wären dies die wichtigsten. Denn Therapieplätze sind in Deutschland rar, auch für Einheimische.

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