Flüchtlinge auf See:Wie zynisch

Im Mittelmeer läuft ein Trauer- und Machtspiel. Die Menschen in Not sind zum Spielball der Politik geworden.

Von Oliver Meiler

Im Mittelmeer läuft ein Trauer- und Machtspiel, es könnte den ganzen Sommer lang dauern. Seit Italien seine Häfen schließt, um Europa zu zwingen, die Asylpolitik zu überdenken, bleiben Flüchtlinge manchmal tagelang zwischen den Welten hängen. Ihr Schicksal? Suspendiert, wie auf Stand-by. Die Menschen in Not sind zum Pfand zynisch kalkulierender Politiker geworden. Landen dürfen sie erst, wenn klar ist, wer die "Last" trägt, wie es so menschenverachtend heißt.

Italiens rechtsnationalistischer Innenminister Matteo Salvini ist stolz darauf, dass er mit seiner Härte gegenüber Migranten und mit seiner Propaganda gegen private Seenotretter die Dynamik in dieser Frage verändert hat. Das hat er tatsächlich, auf seine ganz eigene und vulgäre Art. Doch wohin das führt, weiß niemand. Gerade haben die libyschen Schlepperbanden wieder ihre Taktik geändert: Sie schicken jetzt statt kleiner Gummiboote alte, nur knapp seetüchtige Fischkutter auf die Reise, die es vielleicht bis Italien schaffen, vielleicht aber auch nicht.

In diesem Jahr sind bereits 1422 Flüchtlinge im Mittelmeer ertrunken. Die meisten von ihnen starben vor der Küste Libyens, als dort noch ein Dutzend private Rettungsboote kreuzten. Nun sind auch diese Lebensretter weg, vertrieben und schlechtgeredet, als wären sie trübe Handlanger des Teufels.

© SZ vom 16.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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