Flüchtlinge:Asylverfahren dauern im Schnitt 7,1 Monate

Die Kritik der Bertelsmann-Stiftung ist eindeutig: Asylverfahren dauern zu lange, dies erschwere Flüchtlingen die Integration.

Von Friederike Zoe Grasshoff, Berlin

Wenn sie in Deutschland angekommen sind, suchen sie Schutz und Gewissheit. Erst einmal aber müssen Flüchtlinge warten - und zwar meist monatelang. Bis ein Asylantrag im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bearbeitet ist, vergehen im Schnitt 7,1 Monate. Afghanen warteten im Schnitt 16,5 Monate, Pakistaner 17,6 Monate. Diese langen Asylverfahren erschweren Flüchtlingen den Einstieg in den Arbeitsmarkt und damit auch die Integration in die neue Umgebung. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Bertelsmann-Stiftung, die am Dienstag veröffentlicht wurde. In keinem anderen Land der EU sei der Bearbeitungsstau so groß wie in Deutschland.

Insgesamt wurden 2014 in Deutschland 202 645 Asylanträge gestellt, zusätzlich seien noch 134 015 aus 2013 anhängig gewesen. Zwar sei die Zahl der Flüchtlinge so hoch wie lange nicht gewesen, der Bearbeitungsstau sei allerdings nicht nur darauf zurückzuführen. So seien etwa in Dänemark und Schweden mehr Asylanträge pro Einwohner gestellt worden, die Zahl der unbearbeiteten Anträge sei jedoch geringer. Das im Koalitionsvertrag formulierte Ziel, die Dauer von Asylanträgen auf drei Monate zu begrenzen, habe die Bundesregierung im vergangenen Jahr deutlich verfehlt, kritisiert die Studie. Obwohl die Regierung die Residenzpflicht und das Arbeitsverbot für Asylbewerber auf drei Monate verkürzt habe, bleibe den Flüchtlingen der Weg zum Job in der Regel jedoch wegen des schwebenden Asylverfahrens versperrt. Zu groß sei die Unsicherheit für den Arbeitgeber, zu unsicher die Perspektive für die Flüchtlinge, schreibt der Migrationswissenschaftler Dietrich Thränhardt in der Studie.

Die große Mehrheit der Deutschen befürwortet indes eine rasche Aufnahme von Asylbewerbern in den Arbeitsmarkt. Laut einer Umfrage der Bertelsmann-Stiftung sprachen sich 84 Prozent der Befragten dafür aus, dass der Staat es Flüchtlingen ermöglichen solle, schnell arbeiten zu dürfen. 51 Prozent sind der Ansicht, Deutschland könne mehr Flüchtlinge aufnehmen, während 40 Prozent die Belastungsgrenze erreicht sehen.

Zum einen empfiehlt die Studie, mehr Personal einzustellen, um Asylanträge schneller zu bearbeiten. Zum anderen wird mehr Qualität in den Entscheidungsverfahren gefordert; 13 Prozent aller Bescheide seien 2013 von Gerichten korrigiert worden.

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