Flüchtlinge:Annan lobt Merkel, rügt aber den Türkei-Deal

Flüchtlinge: Der Ghanaer Kofi Annan war von 1997 bis 2006 UN-Generalsekretär. Derzeit reist er durch Europa, um mit prominenten UN-Diplomaten für eine menschlichere Flüchtlingspolitik zu werben.

Der Ghanaer Kofi Annan war von 1997 bis 2006 UN-Generalsekretär. Derzeit reist er durch Europa, um mit prominenten UN-Diplomaten für eine menschlichere Flüchtlingspolitik zu werben.

(Foto: Thein Zaw/AP)

Der ehemalige UN-Generalsekretär würdigt bei einem Besuch in Berlin den "großartigen Akt der Menschlichkeit".

Von Stefan Braun, Berlin

Der frühere UN-Generalsekretär Kofi Annan hat bei einem Besuch in Berlin die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel als "großartigen Akt der Menschlichkeit" gelobt. Annan, der zusammen mit den früheren UN-Friedensvermittlern Martti Ahtisaari und Lakhdar Brahimi ein Flüchtlingsheim in Berlin-Marienfelde besuchte, lobte Deutschlands Großzügigkeit und rief Merkel sowie alle "anderen verantwortungsbewussten Politiker" dazu auf, angesichts der harschen Propaganda der Rechtspopulisten viel leidenschaftlicher für eine offene Gesellschaft zu werben und die Entscheidung zur Aufnahme der Flüchtlinge offensiver zu begründen. "Ich bin davon überzeugt, dass die große Mehrheit der Menschen ihr Herz am richtigen Fleck hat", sagte Annan. Umso wichtiger sei es, ihnen entschlossen die Argumente dafür an die Hand zu geben. "Die Vernünftigen stehen noch nicht genügend gegen die Fremdenfeinde auf", klagte der frühere UN-Generalsekretär. "Sie sagen nicht klar genug, was auf dem Spiel steht."

Annan, Ahtisaari und Brahimi, die in Berlin auch Bundespräsident Joachim Gauck und Außenminister Frank-Walter Steinmeier trafen, werben in Deutschland und anderen Staaten Europas für eine solidarischere Politik gegenüber Flüchtlingen. Dabei betonte Annan nicht nur die humanitäre Notwendigkeit, den Menschen zu helfen. Er zeigte sich auch überzeugt davon, dass die Gesellschaften, die jetzt Mut zeigten und Menschen aufnehmen würden, auf Dauer sehr davon profitieren könnten. Dies gelte gerade für Länder, die aufgrund der Alterung ein immer größeres demografisches Problem hätten.

Deutliche Kritik üben die drei am EU-Türkei-Abkommen. Sie halten es für "moralisch fragwürdig" und fürchten, "dass es zu einer illegalen kollektiven Zurückweisung von Flüchtlingen führen" könnte. In einem gemeinsamen Appell schreiben sie, das Abkommen könne zu einem problematischen Präzedenzfall führen: "Länder dafür zu bezahlen, dass sie Menschenströme eindämmen, ist keine ethische oder dauerhafte Strategie."

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