Flüchtling aus Syrien:"Es hieße, dem syrischen Regime Realitäts­blindheit zu unterstellen"

Oberverwaltungsgericht Münster

Das OVG weigerte sich, einen jungen Syrer als Flüchtling nach der Genfer Flüchtlingskonvention anzuerkennen, die ihm einen Familiennachzug ermöglicht hätte.

(Foto: Bernd Thissen/dpa)
  • Das Oberverwaltungsgericht Münster verweigert einem Syrer, der in seiner Heimat den Kriegsdienst verweigert hat, den Flüchtlingsstatus.
  • Die Begründung: Die Kriegsdienstverweigerung bedeute nicht zwangsläufig, dass der junge Mann vom syrischen Staat als politischer Gegner angesehen würde.
  • Politiker verschiedener Parteien äußern sich empört.

Ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) in Münster, das einem 20-jährigen Syrer den Flüchtlingsstatus verweigert hat, ruft Empörung hervor. Der junge Mann wollte in seiner Heimat keinen Militärdienst leisten und floh deshalb nach Deutschland. Das OVG weigerte sich, ihn als Flüchtling nach der Genfer Flüchtlingskonvention anzuerkennen, die ihm einen Familiennachzug ermöglicht hätte. Die Flucht vor dem Wehrdienst bedeute nicht zwangsläufig, dass der junge Mann vom syrischen Staat als politischer Gegner angesehen und verfolgt würde, begründete das Gericht sein Urteil.

"Ein krasses Fehlurteil", sagte der CDU-Politiker Ruprecht Polenz nun bei tagesschau.de, SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich zeigte sich empört und fühlte sich an frühere "Unrechtsurteile" der deutschen Justiz erinnert. Es berühre peinlich, wie die Richter "über soldatische Pflichten schwadronierten", zitiert ihn tagesschau.de.

Dem Mann bleibt der subsidiäre Schutz, der eine Abschiebung verhindert

Der am Niederrhein lebende Syrer war im Januar 2016 auf dem Landweg nach Deutschland gekommen und hatte einen Asylantrag gestellt. Bei der Asyl-Anhörung erklärte er, sein Heimatland verlassen zu haben, um sich dem Militärdienst zu entziehen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sprach ihm lediglich behelfsmäßigen oder subsidiären Schutz zu. Aber seiner Klage auf Anerkennung als Flüchtling gab das Verwaltungsgericht Düsseldorf im August 2016 statt. Dies hat das Oberverwaltungsgericht in Münster mit seinem Urteil wieder gekippt.

Eine drohende Verletzung der Menschenrechte aus politischen oder religiösen Gründen sei Voraussetzung für den Flüchtlingsstatus, hieß es in der Urteilsbegründung. Man unterstelle dem syrischen Regime Realitätsblindheit, wenn man annehme, dass es jedem Wehrdienstverweigerer eine gegnerische politische Gesinnung zuschreibe.

Der 20-Jährige akzeptierte das Urteil. "So sind die deutschen Gesetze", sagte er laut einem Dolmetscher. Der verheiratete Mann war 2014 aus Syrien geflohen. Seitdem hat er nach eigenen Angaben seine Familie nicht mehr gesehen. In Deutschland bleibt ihm der subsidiäre Schutz, der zumindest eine Abschiebung verhindert.

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