Fischfang in Europa:Europäisches Parlament und Länder ringen um Fangquoten

Fischschwarm

Fischschwarm: Parlament und Agrarminister ringen um Fanquoten.

(Foto: iStockphoto)

Die Lage ist dramatisch: Drei Viertel der europäischen Bestände gelten als überfischt. Europaparlament und Agrarminister schachern nun darum, wie viele Fische die Staaten im kommenden Jahr fangen dürfen. Von den Entscheidungen betroffen sind auch für Deutschland wichtige Fischarten.

In den Verhandlungen um die Reform der EU-Fischereipolitik setzt das Europaparlament (EP) die Mitgliedstaaten unter Druck. Der zuständige Fachausschuss verabschiedete einen Kompromiss, der erstmals ein Rückwurfverbot für unerwünschten Beifang vorsieht. Außerdem sollen schon ab 2015 keine überhöhten Fangquoten mehr beschlossen werden. So sollen sich die Fischbestände bis 2020 erholen.

Parallel begannen die Agrarminister am Dienstag ihre Verhandlungen um die nächstjährigen Fischfangquoten für Nordsee und Atlantik. Bislang werfen Fischer etwa ein Viertel ihres Fangs wieder zurück ins Meer, um Quoten einzuhalten oder weil die Fische keinen Handelswert haben. Die meisten Tiere sind dann allerdings schon tot.

Nach dem Willen des Fischereiausschusses soll das Rückwurfverbot nun 2014 beginnen und von 2016 an für alle Fischarten gelten. Die Mitgliedstaaten hatten ursprünglich angepeilt, das Verbot erst 2019 beginnen zu lassen. Ursprünglich wollte die EU-Kommission das Verbot sogar sofort in Kraft setzen, doch selbst das Parlament hielt das kaum für umsetzbar.

Biologisches Gleichgewicht soll wiederhergestellt werden

Zweites Kernanliegen der Abgeordneten ist, ab 2015 einen "höchstmöglichen Dauerertrag" durchzusetzen - also eine wissenschaftlich ermittelte Zahl von Fischen, die auf Dauer gefangen werden können, ohne dass die Bestände langfristig schrumpfen. Spätestens im Jahr 2020 soll das biologische Gleichgewicht so wieder hergestellt werden. Auch in diesem Punkt hatten die Hauptstädte gebremst. Und in den Gewässern von Entwicklungsländern soll die EU ebenfalls nicht mehr zur Überfischung beitragen und Regelbrechern die Zuschüsse streichen.

Das Ausschussvotum gilt als Fingerzeig für die im Februar erwartete Abstimmung im Plenum, nach der das EP seine Kompromissvorschläge in neuen Verhandlungen mit den Regierungen durchboxen will.

Umweltschutzorganisationen reagierten euphorisch. Greenpeace sprach von einem "Wendepunkt nach Jahrzehnten selbstgefälliger Überfischung" durch die großen Fischereinationen. "Damit ist die Tür zu einer nachhaltigen Fischereipolitik sehr, sehr weit aufgestoßen", sagte WWF-Expertin Karoline Schacht. Auch für die zeitgleich in Brüssel um Fangquoten schachernden Agrarminister sei dies ein "wichtiges Signal".

Bestände gelten als überfischt

Die traditionellen Dezember-Beratungen der EU-Agrarminister stehen unter dramatischen Vorzeichen: Fast drei Viertel aller Bestände in Europa sind überfischt. Nach Angaben der Statistikbehörde Eurostat fangen Europas Fischer heute fast 40 Prozent weniger als noch Mitte der 1990er Jahre, die Bestände besonders begehrter Arten wie Kabeljau und Rotem Thunfisch sind massiv geschrumpft. Am Dienstag begannen die Agrarminister nun ihre Verhandlungen um die nächstjährigen Fangquoten für Nordsee und Atlantik. Wegen der verschiedenen nationalen Interessen wird ein Ergebnis aber frühestens am Mittwoch, vielleicht sogar erst am Donnerstagmorgen erwartet.

Von den Mengengrenzen für das Jahr 2013 betroffen sind auch für Deutschland wichtige Bestände wie Hering, Kabeljau, Lachs, Seelachs, Schellfisch und Rotbarsch. Die Fangquoten für die Ostsee waren schon im Oktober festgelegt worden. Allerdings werden die EU-Staaten keine festen Quoten für jene Gewässer vereinbaren, die sie sich mit Norwegen teilen. Die Verhandlungen mit den Skandinaviern waren auf Januar vertagt worden, weshalb die Kommission für Fischgründe in beidseitigem Interessen die Fangmengen vorläufig auf etwa zwei Drittel des Wertes von 2012 kürzen wird, um Fischern überhaupt eine Arbeitsgrundlage zu geben. Diese werden dann später angepasst.

Zügig beschlossen wurde zu Beginn der Verhandlungen, die Erholung der stark dezimierten Kabeljau-Bestände künftig nicht mehr durch Begrenzung der Fangtage von Kuttern auf See zu regeln. Dies hatte nicht den erhofften Erfolg gebracht, stattdessen holten sich Fischer in der wachsenden Eile immer mehr Beifang ins Netz. Deshalb wollen die Mitgliedstaaten nun auf Obergrenzen für die Fangmenge setzen.

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