First Lady:Die Ruhe der Richterin

Weil Elke Büdenbender, die Frau des Bundespräsidenten, ihr Amt als Richterin nun ruhen lässt, muss sie sich allerhand anhören. Zum Beispiel, dass das ja ein Rückfall in alte patriarchale Muster sei. Diese Reaktionen sind jedoch reflexhaft, holzschnittartig und übergriffig.

Von Ulrike Heidenreich

Es ist noch nicht allzu lange her, da durfte eine Frau nicht ohne die Erlaubnis ihres Ehegatten arbeiten. Bis 1977 galt dieses Gesetz, man mag das heutzutage kaum glauben. Seitdem hat sich die Gesellschaft bekanntlich in der Geschlechterfrage weiterentwickelt. So weit, dass sich eine Frau auch fragen lassen muss, warum sie denn, bitte schön, nicht arbeitet. Elke Büdenbender ist so ein Fall. Seit wenigen Tagen bekleidet sie ein Ehrenamt - das der sogenannten First Lady an der Seite des neuen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier. Weil sie dafür ihr Amt als Richterin ruhen lässt, muss sie sich allerhand anhören. Zum Beispiel, dass das ja ein Rückfall in patriarchale Muster sei. Diese Reaktionen sind reflexhaft, holzschnittartig und übergriffig. Eine echte Weiterentwicklung wäre nämlich, wenn jede Frau jedes Lebensmodell wählen kann - ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen.

Wenn Frau Büdenbender kommende Woche im Dienste der Nation zur ersten Auslandsreise samt Bundespräsident in Paris einschwebt, wird sie genau beäugt werden. Ob die Frisur sitzt, ob das Kostüm elegant anliegt. Auch über den Mann an ihrer Seite liest man ja Dinge, die nicht wirklich viel zur Sache tun: dass er seine Outfits selber kauft und trotz erikafarbenem Anzug und grüner Brille beim Vorstellungsgespräch Karriere machen konnte, beispielsweise. Das gehört dazu - zum Geschäft, wo sich Politik und Privates mitunter vermischen.

Wenn nun aber Büdenbender als Symbolfigur dafür herhalten soll, dass da wieder eine Frau so doof ist und meint, ihrem Mann "den Rücken freihalten" zu müssen, geht das zu weit. Es zeigt, wie aufgeladen das Thema, immer noch, behandelt wird, wie unreif und wie unsachlich die Erwerbstätigkeit von Frauen weiter diskutiert wird.

Die Juristin Büdenbender eignet sich nicht als Beispiel. Sie stellt nicht den klassischen Fall einer Frau dar, die in die Altersarmut abdriftet, weil sie sich ihr Leben lang von einem Mann abhängig gemacht hat. Sie hat sich vom Verwaltungsgericht Berlin beurlauben lassen, weil an ihrer Kammer auch Asylfälle entschieden werden und sie Interessenskonflikte bei präsidialen Auslandsreisen befürchtet. Dem Vernehmen nach ist ihr dieser Schritt sehr schwergefallen. Man traut der Richterin außerdem durchaus zu, dass sie sich die Verkleinerung von Rentenansprüchen infolge dieser Auszeit von ihrem Mann ausgleichen lässt. Dieser erhält im höchsten Staatsamt schließlich ein ordentliches Salär und sie - nichts.

Man muss nicht deswegen arbeiten, um anderen Frauen als Vorbild zu dienen

Dies ist ein Punkt, über den es zu reden lohnt: Dass das Ehrenamt der Bundespräsidentengattin abgeschafft gehört oder anständig bezahlt. Das First-Lady-Dasein ist ein anstrengender Fulltime-Job mit wichtigen sozialen Aufgaben. Von wegen nur Lächeln auf dem roten Teppich. Man sollte das ehrenamtliche Engagement der "besseren Hälfte" im Schloss Bellevue nicht für selbstverständlich halten - die übrigens irgendwann ja auch ein Mann sein kann.

Es lohnt aber nicht, sich zu ereifern und eine Frau zu einem mittlerweile glücklicherweise gängigen Rollenmodell zu verpflichten. Das wäre dann die neue Spießigkeit und Engstirnigkeit. Das Leben ist vielfältig. Man muss nicht deswegen arbeiten, um anderen Frauen als Vorbild zu dienen.

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