Finanzaufsicht:Korsett für Kassenärzte

Es begann mit einer Strafanzeige wegen Untreue gegen den ehemaligen KBV-Chef. Nun will Minister Gröhe die Finanzen des Verbands strenger prüfen.

Von Kim Björn Becker

Geht es nach Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), dann wird der Spitzenverband der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten bald deutlich stärker als bislang von der Politik kontrolliert. Vor allem will das Ministerium die Finanzen der ihr unterstellten Körperschaft per Gesetz strenger überwachen. Das bestätigte indirekt ein Sprecher des Berliner Ministeriums am Dienstag. Er sagte, es werde derzeit geprüft, ob eine "Weiterentwicklung der gesetzlichen Regelungen zum Haushalt und zum Vermögen" nötig sei. Zuerst hatten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe über den Plan Gröhes berichtet. Das Ministerium bezog seine Ankündigung zwar nicht ausschließlich auf die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), sondern auf alle "Spitzenorganisationen auf Bundesebene in der Gesetzlichen Krankenversicherung". Dazu zählen auch die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung, der Gemeinsame Bundesausschuss und der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen.

Es ist aber offenkundig, dass Gröhe mit dem Vorstoß in erster Linie auf die KBV zielt - das Verhältnis zwischen dem Ministerium und der Körperschaft gilt als zerrüttet. Ende des vergangenen Jahres erstattete Gröhe bei der Berliner Staatsanwaltschaft Strafanzeige gegen den früheren KBV-Chef Andreas Köhler. Es ging dabei um den Vorwurf der Untreue. Köhler soll dereinst von der KBV einen umstrittenen Mietkostenzuschuss in Höhe von 1500 Euro monatlich erhalten haben. Ihm wird vorgehalten, dass er sein Gehalt auf diese Weise unrechtmäßig um 95 000 Euro insgesamt gesteigert habe. Dabei sollen Köhlers Jahreseinkommen sowie später seine Ruhebezüge nach Ansicht des Ministeriums ohnehin überhöht gewesen sein. Berichten zufolge soll ferner Köhlers Ehefrau im relevanten Zeitraum als Personaldezernentin bei der KBV beschäftigt gewesen sein. In dieser Funktion, so wird behauptet, habe sie die Pensionszahlungen an ihren Mann angewiesen.

Beim geplanten Umzug der KBV nach Berlin soll getrickst worden sein

Eine zweite finanzielle Ungereimtheit betrifft den Umzug der KBV von Köln nach Berlin im Jahr 2004. Weil das Gesundheitsministerium den Umzug zunächst unter Verweis auf zu hohe Kosten abgelehnt haben soll, steht die Körperschaft im Verdacht, den neuen Sitz im Berliner Bezirk Tiergarten über eine eigene Gesellschaft verwirklicht zu haben. Diese Gesellschaft soll ursprünglich als Tochter der Apotheker- und Ärztebank organisiert gewesen sein. Die sogenannte Apo KG sollte das Gebäude bauen und dann an die KBV vermieten, doch bei einer Sonderprüfung des Vorgangs hat man unlängst mögliche Tricksereien entdeckt. Viele Vorgänge, die nun in Rede stehen, fielen demnach in die Amtszeit Andreas Köhlers.

Mit Blick auf die jüngste Ankündigung Gröhes sagte ein KBV-Sprecher am Dienstag, diese sei "zu Gesprächen mit dem Ministerium bereit". Zugleich betonte er, dass die Ärztevertretung in der Vergangenheit bereits selbst daran gearbeitet habe, ihre Angelegenheiten "ordnungsgemäß zu regeln". Wie die Deutsche Presseagentur aus Regierungskreisen erfahren hat, soll es bei dem Plan Gröhes auch darum gehen, Weisungen in Zukunft besser durchzusetzen. Dieser Punkt führte im Januar zu einer weiteren Konfrontation zwischen der KBV und dem Ministerium. Zuvor hatte Gröhe angeordnet, dass die Satzung der Körperschaft geändert wird. Weil Haus- und Fachärzte innerhalb der KBV zerstritten sind, sollen beide Gruppen in den Gremien fortan paritätisch vertreten sein. Die Kassenärzte lehnten die Anordnung ab und ließen die von Gröhe gesetzte Frist verstreichen. Also zwang das Ministerium die KBV im Wege einer sogenannten Ersatzvornahme zu der erbetenen Reform. Gegen diese Ersatzvornahme wehren sich die Mediziner nun - der aktuelle Vorsitzende Andreas Gassen reichte eine Klage gegen das Ministerium ein.

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