Filesharing:Eltern haften für illegale Downloads

Der Bundesgerichtshof entscheidet: Wenn Kinder rechtswidrig Filme oder Musik übers heimische Internet herunterladen oder anbieten, droht ihren Erziehungsberechtigten eine Schadenersatzpflicht.

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Im Dauerstreit um illegale Up- und Downloads von Musik, Filmen und Computerspielen hat der Bundesgerichtshof (BGH) ein wichtiges Urteil zugunsten der Unterhaltungsindustrie gefällt. Wenn die rechtswidrigen Datentransfers über einen gemeinsam genutzten Wlan-Familienanschluss vorgenommen worden sind, dann droht den Eltern als Inhabern des Anschlusses die Haftung. Das gilt jedenfalls dann, wenn sie wissen, welches ihrer Kinder dafür verantwortlich ist, den Namen vor Gericht aber nicht preisgeben wollen. "Verpflichtet dazu sind sie nicht", sagte der BGH-Senatsvorsitzende Wolfgang Büscher bei der Urteilsverkündung. Aber wenn sie schwiegen, müssten sie eben "im Prozess gewisse Nachteile hinnehmen" - also letztlich die Niederlage vor Gericht und die Haftung auf Schadenersatz. Beim illegalen Hoch- und Herunterladen können erhebliche Summen zusammenkommen. Die Unternehmen fordern häufig 200 Euro pro Musikstück und 700 Euro pro Film, zum Teil liegen die Beträge noch höher. Im konkreten Fall müssen die Eltern - inklusive der Abmahnkosten - rund 3500 Euro zahlen. Ihr Anwalt Herbert Geisler sprach in der BGH-Verhandlung von "Sippenhaft".

Geklagt hatte Universal Music, es ging um das Album "Loud" von Rihanna aus dem Jahr 2010, das acht Wochen unter den Top Ten der Charts war. Die Titel wurden über den Wlan-Anschluss einer Familie im Raum München zum Herunterladen angeboten. Die Eltern - Klassikhörer - verwiesen auf ihre drei im Haus lebenden erwachsenen Kinder. Sie wussten, wer es war, nannten aber keinen Namen.

Das Urteil war mit Spannung erwartet worden, weil der BGH sich in einem ähnlichen Konflikt im Oktober des vergangenen Jahres auf die Seite der Familien geschlagen hatte. Damals ging es um die Frage, inwieweit der Inhaber eines Wlan-Anschlusses eigene Nachforschungen innerhalb der Familie anstellen muss, um dem Übeltäter auf die Spur zu kommen und sich dadurch selbst zu entlasten. Der damalige Beklagte hatte zwar seine Ehefrau als Mitnutzerin des Anschlusses genannt, es aber abgelehnt, detailliert Auskunft über ihre Zeiten und Gewohnheiten bei der Internetnutzung zu geben oder ihren Computer auf eine Filesharing-Software zu durchsuchen. Der BGH hatte ihm recht gegeben; der Schutz der Familie gehe vor.

Bei dieser Linie will der BGH grundsätzlich bleiben. "Eine derartige Ermittlungspflicht geht uns zu weit, das halten wir für unzumutbar", sagte der Senatsvorsitzende Büscher. Der nun entschiedene Fall liege aber anders, weil den Eltern der Name bekannt gewesen sei.

Rechtsanwalt Geisler hatte von einer Störung des Familienfriedens gewarnt: "Ist es Vater und Mutter zumutbar, ihre Kinder ans Messer zu liefern?" Christian Rohnke, Anwalt des Musik-Konzerns, hielt dem entgegen, dass dies die einzige Möglichkeit sei, sich der massenhaften Verletzung der Verwertungsrechte zu erwehren. Lehnte man in solchen Fällen eine Haftung ab, dann sei eine Verfolgung der Rechte unmöglich. "Dann läuft das Urheberrecht vollständig leer. Die wirtschaftlichen Folgen sind immens."

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