Festgenommener Terrorverdächtiger:Abdeslam schweigt

Brussels terror attacks aftermath

Abdeslams Anwalt Sven Mary (2.v.r.) hatte zuvor erklärt, sein Mandant habe nichts von den Vorbereitungen für die Anschläge in Brüssel gewusst.

(Foto: dpa)
  • Der Terrorverdächtige Salah Abdeslam will seit den Anschlägen in Brüssel den Ermittlern gegenüber nicht mehr äußern.
  • Das Osterwochenende steht in Frankreich und in Belgien im Zeichen der Großfahndungen: Es ist weiter nicht klar, wie viele Terroristen noch flüchtig sind.
  • Die internationale Polizeibehörde Interpol hat ihre Unterstützung bei der internationalen Fahndung nach Komplizen und Hintermännern der Terroranschläge angekündigt.

Der überlebende Hauptverdächtige der Anschläge von Paris, Salah Abdeslam, will sich nicht zu den Angriffen in Brüssel äußern. Er habe bei seinen Befragungen auf sein Recht zu schweigen beharrt, teilte die Staatsanwaltschaft am Freitag mit.

Die belgische Behörde hat den in Brüssel gefassten Abdeslam wegen Mittäterschaft an terroristischen Morden angeklagt. Er war vor einer Woche nach monatelanger Fahndung festgenommen worden. Dabei wurde der 26-Jährige am Bein verletzt. Medienberichten zufolge hatte er in Brüssel ähnliche Angriffe wie in Paris geplant, bei denen mehrere Personen Sturmgewehre einsetzen wollten, während andere sich in die Luft sprengen sollten. Abdeslams Anwalt hatte zuvor erklärt, sein Mandant habe nichts von den Vorbereitungen für die Anschläge in dieser Woche gewusst.

Großfahndung in Belgien und Frankreich hält an

Bei den Anschlägen am Dienstag in Brüssel waren mindestens 31 Menschen getötet und 271 verletzt worden. Vier Tage danach ist am Samstag weiter unklar, wie viele Extremisten flüchtig sind und ob sie erneut in Europa zuschlagen könnten. Das Osterwochenende steht in Belgien und Frankreich weiterhin im Zeichen der Großfahndung nach Terrorverdächtigen.

Am Karfreitag nahmen schwerbewaffnete Polizisten bei Zugriffen in der belgischen Hauptstadt drei Verdächtige fest. Sie hatten nach Angaben der Staatsanwaltschaft nicht nur mutmaßlich Verbindungen zu den Anschlägen am Dienstag mit mindestens 31 Toten, sondern auch zu einem neuen Angriffsplan in Frankreich.

Interpol schaltet sich ein

Interpol hat angekündigt, belgische Fahnder bei der Analyse von Hinweisen und Spuren, die von den Brüsseler Anschlägen ins Ausland führen, unterstützen zu wollen. Wie die internationale Polizeibehörde am Freitag mitteilte, gehört dazu das Überprüfen von Informationen über Verdächtige sowie die Analyse von Vorgehensweisen von Attentätern weltweit einschließlich der verwendeten Waffen und Sprengstoffe. Interpol werde zudem den Zugang zu seiner Datenbank über gestohlene und verlorene Ausweise und Dokumente erweitern, hieß es in einer Mitteilung.

"Die Zehntausenden von ausländischen Kämpfern, die in Konfliktgebiete reisen und diese verlassen, haben das Universum möglicher Bedrohungen erweitert", erklärte Interpol-Generalsekretär Jürgen Stock. "Wir müssen sicherstellen, dass sich die Informationen schneller bewegen als die Terroristen."

Der französische Staatspräsident François Hollande sagte nach den jüngsten Fahndungsergebnissen, das für die Terrorangriffe in Paris und Brüssel verantwortliche Extremistennetzwerk werde gerade vernichtet. Es gebe aber noch andere gefährliche Terrorzellen, fügte er bei einem Treffen mit dem früheren israelischen Staatspräsidenten Schimon Peres hinzu.

Zugriffe in Paris und Brüssel

Der mutmaßliche Drahtzieher der geplanten Attacke ging der französischen Polizei am Donnerstag im Großraum Paris ins Netz. Innenminister Bernard Cazeneuve sagte, die Anschlagsvorbereitungen seien bereits sehr weit gediehen. Damit erhärtete sich in einem weiteren Fall der Verdacht, extremistische Zellen in Belgien und Frankreich planten gemeinsam Anschläge.

Bei den Zugriffen am Freitag seien zwei der drei Verdächtigen mit Schüssen ins Bein verletzt worden, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Die Razzien fanden in den Vierteln Schaerbeek, Forest und St. Gilles statt. In Schaerbeek waren am Freitagnachmittag bei dem Einsatz zwei Explosionen und Schüsse zu hören. Einer der Angeschossenen habe eine verdächtige Tasche bei sich getragen, während er von einem jungen Mädchen begleitet worden sei, sagte ein Augenzeuge.

Der Bezirksbürgermeister von Schaerbeek, Bernard Clerfayt, sagte, die Razzien stünden im Zusammenhang mit der Festnahme des französischen Terrorverdächtigen am Donnerstag bei Paris. Bei dem in Argenteuil verhafteten Franzosen handele es sich um den 34-jährigen Reda Kriket, der nach Angaben aus Sicherheitskreisen wegen Terrorismus bereits einmal in Belgien verurteilt wurde und zudem 2015 wegen terroristischer Aktivitäten zusammen mit dem Anführer der Anschläge vom 13. November, Abdelhamid Abaaoud, in Abwesenheit verurteilt worden war. Abaaoud wurde bei einem Polizeieinsatz wenige Tage nach den Pariser Anschlägen getötet.

Belgischer Ministerpräsident sagt Teilnahme an Kranzniederlegung ab

Der belgische Ministerpräsident Charles Michel sagte wegen der großen Operation der Sicherheitskräfte seine Teilnahme an einer Kranzniederlegung zu Ehren der Todesopfer vom Dienstag mit US-Außenminister John Kerry am Flughafen ab. Kerry hatte Michel bei einem Blitzbesuch die Unterstützung der USA versichert und bekanntgegeben, dass auch mehrere FBI-Beamte bei den Terrorermittlungen mitwirkten. Kerry nahm die belgischen Behörden gegen Kritik in Schutz, zu lax mit der Terrorgefährdung umgegangen zu sein.

In einer Wohnung in Schaerbeek waren nach den Anschlägen vom Dienstag große Mengen Sprengstoff gefunden worden. Die Polizei vermutet, dass sie von den Selbstmordattentätern zur Vorbereitung ihrer Anschläge diente. Am Donnerstag waren bei Razzien dort und anderswo in Brüssel bereits sechs Terrorverdächtige festgenommen worden, von denen am Freitag noch drei in Gewahrsam waren.

Mariah Carey sagt Konzert in Brüssel ab

Die Sorge um Sicherheit in der belgischen Hauptstadt sorgte dafür, dass US-Sängerin Mariah Carey ein am Sonntag geplantes Konzert absagte. An ihre Fans gerichtet schrieb sie auf Twitter, man habe ihr von dem Auftritt abgeraten. Als Begründung nannte sie "die Sicherheit meiner Fans, meiner Band und von jedem, der an der Tour beteiligt ist". Ob die Show nachgeholt wird, wurde nicht bekannt.

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