FDP: Wiederwahl Homburgers in Stuttgart:Am Ende doch noch ein Lachen

"So viel Spannung bekommt man selten" - es war eine äußerst knappe Entscheidung nach einem Patt im ersten Wahlgang: Die FDP in Baden-Württemberg wählt Birgit Homburger erneut zur Landesvorsitzenden. Doch sie ist politisch beschädigt.

Roman Deininger, Stuttgart

Birgit Homburger ist für ihr Lachen bekannt, es ist ein sehr ausdauerndes Lachen, das ihr eigentlich nie vergeht. Am Samstagnachmittag um halb fünf aber ist auch sie am Ende ihrer Ausdauer angekommen.

Parteitag FDP Baden-Württemberg: Birgit Homburger

Nach dem zweiten Wahlgang konnte sie dann doch noch lächeln: Birgit Homburger wurde erneut zur Landesvorsitzenden der FDP in Baden-Württemberg gewählt.

(Foto: dpa)

Gerade hat der Parteitagsleiter in der Stuttgarter Carl-Benz-Arena das Ergebnis des ersten Wahlgangs zum baden-württembergischen Landesvorsitzenden der FDP bekanntgegeben. 180 Stimmen sind auf die seit 2004 amtierende Parteichefin Homburger entfallen, 180 auf ihren Herausforderer, den Europaabgeordneten Michael Theurer. Es war vorher nicht klar, ob Theurer Homburger wirklich gefährlich werden kann. Jetzt weiß die 45-Jährige aus Konstanz, dass es um alles geht für sie: Nicht nur um den Landesvorsitz im Südwesten, sondern um ihre ganze politische Karriere. Muss sie an diesem Samstag in Stuttgart weichen, wird sie auch in Berlin wohl nicht Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion bleiben können.

Eine Viertelstunde später ist das Lachen zurück im Gesicht von Birgit Homburger. Es ist ein natürliches, völlig ungehemmtes Lachen. Ein Parteifreund nimmt sie in den Arm, und Homburger will sich aus dieser Umarmung gar nicht mehr lösen. Homburger, die sich und andere gern unter Kontrolle hat, ist einfach nur erleichtert.

199 Stimmen hat sie im zweiten Wahlgang erreicht, Theurer nur 192. Sie ist weiter FDP-Vorsitzende in Baden-Württemberg. Und sie hat die Chance, sich auch als Fraktionschefin im Bundestag zu halten. Aber diese Chance, das wird sie selbst im Moment der Erleichterung wissen, ist geschrumpft durch das äußerst knappe Ergebnis.

Nur ein deutlicher Sieg hätte ein positives Signal aus Stuttgart an die Parteifreunde nach Berlin gesandt. Birgit Homburger ist politisch beschädigt; wie stark, das wird im Foyer der Carl-Benz-Arena schon wenige Minuten nach Verkündung des Wahlausgangs diskutiert.

"So viel Spannung bekommt man selten", sagt Homburger, nachdem sie die Wahl angenommen hat. "Lassen sie uns gemeinsam die FDP Baden-Württemberg wieder nach vorn bringen". Konkurrent Theurer erklimmt mit einem Strauß Blumen - gelbe natürlich - die Bühne und überreicht sie der Siegerin. Auch er ruft die Partei zur Einheit auf: "Wir müssen gemeinsam kämpfen für die liberale Sache." Der Landesverband, sagt er, stehe hinter Homburger, nicht zuletzt, "was den Fraktionsvorsitz in Berlin angeht".

Wenig später, weiter hinten im Saal, klingt die Unterstützungserklärung schon ein weniger schwächer. Als stellvertretender Landesvorsitzender werde er sich nicht wieder bewerben, sagt der 44-Jährige. "Das liegt am Führungsstil in der Partei."

Theurer, der Oberbürgermeister in Horb am Neckar war und für FDP-Maßstäbe als unkonventionell gilt, hatte sich auf dem Weg zum Überraschungssieg selbst ein Bein gestellt. Am Freitagabend traf sich der FDP-Landesvorstand, Homburger schlug in der Sitzung die Stuttgarter Rechtsanwältin Gabriele Heise als Generalsekretärin vor - das Amt will die Partei als Reaktion auf das Debakel bei der Landtagswahl neu einrichten.

Kurz danach erklärte offenbar auch Theurer, er wolle ebenfalls Heise zur Generalsekretärin machen. Nach der Sitzung sprach sich herum, dass er Heise gar nicht gefragt hatte - und sie wohl nur unter Homburger zur Mitarbeit bereit wäre. Ein schwerer und schwer erklärbarer handwerklicher Fehler, der Theurer die entscheidenden Stimmen gekostet haben könnte.

Weder Homburger noch Theurer hatten am Samstag die Parteitags-Teilnehmer mit ihren Reden begeistern können. Die Delegierte konnten ihren Mangel an Enthusiasmus für die Kandidaten nicht verbergen. Der Einzige, der sie mitriss, war der ehemalige Wirtschaftsminister und Landtagsfraktionschef Walter Döring, der die große Politik einst wegen eines Spendenskandals verlassen musste. Er sagte der grün-roten Regierung in Stuttgart den Kampf an: "Am 12. Mai beginnt die neue Runde, und in fünf Jahren hauen wir Euch vom Acker." Bei der Landtagswahl am 27. März war der Stimmenanteil der FDP in ihrem Stammland halbiert worden: Von 10,6 Prozent 2006 stürzte man auf 5,3 Prozent ab. Die neue Landtagsfraktion besteht nur noch aus sieben Abgeordneten - darunter keine einzige Frau.

Viele Delegierte kritisierten die Parteiführung am Samstag für die Profillosigkeit der FDP im Wahlkampf: In der Debatte um das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 seien die Liberalen "fast unsichtbar" gewesen, sagte ein Redner. Ein Anderer schimpfte über den Kauf des Energieversorgers EnBW durch das Land, der "den Grundprinzipien liberaler Ordnungspolitik" widerspreche. Die alte und neue Landesvorsitzende Homburger gestand Fehler ein, sagte aber auch: "Wir müssen die FDP nicht neu erfinden." Der neuen grün-roten Landesregierung warf sie Wirtschaftsfeindlichkeit vor: "Der Mittelstand sitzt künftig am Katzentisch." Das sollte eine harte Attacke sein auf den politischen Gegner, doch der Applaus im Saal war fast gespenstisch flau. Aufbruch hört sich eigentlich anders an.

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