FDP-Vorsitz:Brüderle und Lindner sollen sich auf Rösler-Sturz vorbereiten

Schlechte Neuigkeiten für Philipp Rösler: Angeblich gibt es Planspiele, dem Vizekanzler den Parteivorsitz streitig zu machen, sollte die FDP die Niedersachsen-Wahl verlieren. Die jüngste Umfrage ergibt, dass die Zustimmung für die Regierungspartei erneut sinkt.

Oliver Das Gupta

Philipp Rösler gönnt sich keine Sommerpause. Während andere Kabinettskollegen die Parlamentsferien nutzen und für ein paar Tage abschalten, ist der Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler ständig präsent: Rösler klagt über reformunwillige Griechen und deklariert die Energiewende zum Kernthema seiner Tätigkeit. Er drängt darauf, die Ölfelder im Wattenmeer intensiver zu erkunden und watscht die CSU ab, weil Europa für die Koalitionspartner aus Bayern angeblich nur an zweiter Stelle steht.

Bohr- und Förderinsel 'Mittelplate' Rösler FDP

Keine Sommerpause: Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler am 10. August auf der Bohr- und Förderinsel Mittelplate vor Cuxhaven.

(Foto: dpa)

Das sind vier der Themen, die Rösler allein in den vergangenen zwei Tagen beackert hat. Der Mann hat allen Grund, hyperaktiv zu sein: Er kämpft um seinen Posten als Bundesvorsitzender. Ist der weg, wäre Rösler bald womöglich politisch kalt gestellt. Rösler hat kein Bundestagsmandat.

Immer wieder machen Putschgerüchte in der existenzbedrohten Regierungspartei die Runde. Der Kieler FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki sprach unlängst aus, was viele denken (und steckte dafür einige Kritik ein): Rösler wird bei einem schwachen Ergebnis bei der Landtagsswahl in Niedersachsen stürzen.

In Hannover regiert bislang eine schwarz-gelbe Koalition, aber was heißt das schon. Sollte die FDP in Röslers Heimat am 20. Januar abschmieren und, wie bei etlichen Wahlen seit 2009, gar in der außerparlamentarischen Opposition landen, wollen führende Liberale revoltieren. Dazu liefert der Spiegel ein interessantes Detail: Demnach scheinen sich verschiedene Strömungen der Freidemokraten für einen Sturz Röslers nach der Niedersachsen-Wahl vorzubereiten.

Eine Einladung als Kampfansage?

Eine Woche nach der Wahl, am 27. Januar 2013, geht der Neujahrsempfang der nordrheinwest-fälischen FDP im feinen Düsseldorfer Maritim Hotel über die Bühne. Es ist eine Großveranstaltung des größten Landesverbandes, der von Christian Lindner geführt wird. Der war Ende 2011 als Generalsekretär zurückgetreten, offensichtlich wegen ernsthafter Meinungsverschiedenheiten mit Rösler, aber öffentlich schwieg Lindner. Seitdem ist das Verhältnis distanziert. Lindner nehme nicht mehr viel Rücksicht, sagt eine Stimme aus dem Vorstand zu Süddeutsche.de. Immer wieder widerspricht der nun zum Düsseldorfer Fraktionschef avancierte Lindner dem Kurs der Zentrale.

Nun geht der smarte NRW-Chef offenbar einen weiteren Schritt in Richtung Konfrontation. Er lädt für den Neujahresempfang einen Gastredner ein, der nicht zum Landesverband zählt: Rainer Brüderle, Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion, Ikone des Wirtschaftsflügels und Schatten-Vorsitzender hinter Rösler. "Die Einladung ist eine Kampfansage", behauptet der Spiegel: eine Kampfansage Lindners an Rösler. Denn traditionell reden dem Magazin zufolge bei der Veranstaltung nur Liberale aus NRW. Dass nun der Pfälzer Brüderle eine Woche nach der Niedersachsen-Wahl ein solches Podium bekommt, spräche demnach dafür, dass das Lindner-Lager einen FDP-Chef Brüderle unterstützen würde.

Schonfrist bis zur Niedersachsen-Wahl

Fakt ist: Seine eigenen Ambitionen hat Lindner zunächst zurückgestellt, er sieht seine nähere Zukunft nicht in der Bundespolitik, sondern in NRW. Er wolle die Legislaturperiode im Düsseldorfer Landtag sein, versicherte er. Für die nächste Bundestagswahl will er sich nicht aufstellen lassen.

FDP Lindner Brüderle Rösler

Planspiele für einen Sturz Philipp Röslers? FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle (FDP, l) und der NRW-Landesvorsitzende Christian Lindner auf einen Archivbild.

(Foto: dpa)

Fakt ist auch: Unter FDP-Funktionären gilt es als weitgehend ausgemacht, dass Röslers sich nicht mehr halten kann, sollte die niedersächsischen Liberalen schwach abschneiden oder gar aus dem Landtag fliegen. Dann müsse man die richtigen Schlüsse aus dem Niedersachsen-Ergebnis ziehen, heißt es, und sich auf die Bundestagswahl konzentrieren, die für September 2013 angesetzt ist. Insofern klingt die Spiegel-Geschichte plausibel.

Andere Liberale aus dem Partei-Vorstand winken ab: Die Sache mit dem Neujahresempfang sei zu hoch gehängt, sagt eine Stimme zu Süddeutsche.de. Eine andere meint, alle Liberalen müssten helfen, dass die FDP in Niedersachsen möglichst stark abschneidet. Tenor: Rösler sollen bis zum Urnengang in Niedersachsen gefälligst keine Prügel in die Beine geworfen werden, heißt es, schon gar nicht vom Kieler FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki.

Emnid sieht FDP unter Fünf-Prozent-Hürde

Brüderle und der auch vom Bürgerrechtsflügel unterstützte Lindner scheinen sich offenbar arrangiert zu haben. Die Grenzen zwischen den Flügeln sind fließend, doch Präferenzen für den einen und gegen den anderen treten im Hintergrund durchaus offen zutage. Es ist noch nicht lange her, da reagierten wirtschaftsliberale FDP-Funktionäre noch genervt, wenn sie auf Lindners Schlagwort vom "ganzheitlichen Liberalismus" angesprochen wurden. Und ein anderes Mitglied der Parteispitze meinte mit Blick auf den 67-jährigen Brüderle, mit einem Politiker im Rentenalter sei kein Neuanfang der FDP vermittelbar.

Die Aussichten auf einen Wiedereinzug der FDP in den Bundestag sind mau, wenn es bei den aktuellen Umfragewerten bleibt. Die aktuelle Erhebung von Emnid ergab, dass die Liberalen bundesweit erneut auf vier Prozent abgesackt sind. Forsa ermittelte wenige Tage zuvor einen Wert von fünf Prozent für die FDP.

Seit Röslers Amtsantritt kommt die FDP nicht aus dem Umfragetief, was unter den liberalen Bundestagsabgeordneten Unruhe auslöst. Etliche von ihnen, die dank des starken FDP-Ergebnisses von 2009 einen Sitz im Parlament ergattern konnten, müssen auch bei einem knappen Wiedereinzug um ihren Job fürchten.

Ähnlich geht es den FDP-Abgeordneten in Niedersachsen. Dort steht die Regierungspartei in zwei Umfragen vom Juli bei vier Prozent.

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