FDP nach den Landtagswahlen:Neuer Wein in alten Schläuchen

Die FDP hat ein Glaubwürdigkeitsproblem und sucht nach neuen Themen - am Personal wollen die Liberalen nach dem Wahldebakel wenig ändern. Doch Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger schließt den Rückzug von Parteichef Westerwelle nicht mehr aus.

Peter Blechschmidt

Die FDP-Führung will die nach dem Wahldebakel vom Sonntag angekündigte Neuaufstellung mehr über Inhalte als über Personen erreichen. Dabei geht es ihr vor allem darum, den von mehreren Spitzenpolitikern diagnostizierten Verlust an Glaubwürdigkeit wieder wettzumachen. "Die FDP hat ein Glaubwürdigkeitsproblem", sagte etwa Bundesjustizministerin und Präsidiumsmitglied Sabine Leutheusser-Schnarrenberger der Augsburger Allgemeinen.

Der hessische Landesvorsitzende Jörg-Uwe Hahn räumte ein: "Der FDP nimmt man derzeit nicht ab, dass sie das, was sie sagt, auch ernst meint." Generalsekretär Christian Lindner hat die Devise ausgegeben, FDP-Politik müsse im Alltag der Menschen spürbar sein. Schon auf dem nächsten Bundesparteitag in Rostock Mitte Mai strebt die Parteispitze klare Positionierungen etwa in der Bildungs- und der Arbeitsmarktpolitik an.

In Rostock stehen auch Präsidium und Bundesvorstand zur Neuwahl an. Eine Vorentscheidung über das Personaltableau, das dem Parteitag präsentiert werden soll, wird am 11. April in einer Sitzung von Präsidium und Landesvorsitzenden fallen. Damit ist aber nicht ausgeschlossen, dass sich auf dem Parteitag andere Bewerber melden und es zu Kampfabstimmungen kommt.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger schließt einen Rückzug Guido Westerwelles vom Amt des Parteichefs nicht mehr aus. Die Frage, ob Westerwelle als Parteichef weitermachen könne, gehöre "in den Kreis unserer Gesamtüberlegungen für ein Personaltableau", sagte sie der Passauer Neuen Presse.

Parteichef Guido Westerwelle hat bisher nicht erkennen lassen, dass er trotz aller Kritik an seiner Person auf den Vorsitz verzichten will. Ein Herausforderer hat sich noch nicht gemeldet. Frühere Äußerungen lassen vermuten, dass sich Westerwelle auch einem Gegenkandidaten stellen würde.

Wechsel auf mindestens zwei Positionen stehen schon fest. Der bisherige Vizevorsitzende Andreas Pinkwart und Schatzmeister Hermann-Otto Solms treten nicht mehr an. Als neuer Vize ist Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler im Gespräch, der bereits als Beisitzer im Präsidium ist. Um seinen Platz könnte sich der Hesse Hahn bewerben.

Neuer Schatzmeister soll der Hannoveraner Bundestagsabgeordnete Patrick Döring werden. Fraglich ist, ob die sachsen-anhaltinische Landesvorsitzende Cornelia Pieper angesichts massiver Kritik wieder für einen Vizeposten kandidiert. Allerdings war sie in der Kombination Frau und Ostdeutsche bisher konkurrenzlos.

Auf der Suche nach einem neuen "Oberthema"

Der Dritte in der Riege der Stellvertreter, Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle, wurde bisher in Präsidium und Bundesvorstand so verstanden, dass er wieder antreten will. Am Dienstag bestätigte Brüderle auch, dass er an seinem Ministeramt festhalten will.

Auch die baden-württembergische Landesvorsitzende und Chefin der Bundestagsfraktion, Birgit Homburger, will ihre Ämter nicht aufgeben. Auch ihren Sitz im Präsidium dürfte sie verteidigen wollen, obwohl sie ihm als Fraktionsvorsitzende ohnehin angehört. Daniel Bahr, der Pinkwart im Amt des nordrhein-westfälischen Landesvorsitzenden beerbt hat, drängt ebenfalls ins oberste Führungsgremium.

Auf der Suche nach einem "Oberthema", mit dem sie identifiziert werden könnte, will die FDP neben der Energiewende die Bildungs- und die Arbeitsmarktpolitik herausstellen. So strebt die Führung eine Klärung im parteiinternen Streit um den Bildungsföderalismus an, der den Ländern das alleinige Entscheidungsrecht auf diesem Gebiet sichert. Auch für Fragen wie den Mindestlohn zeigen sich führende FDP-Politiker inzwischen offener.

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