FDP:Lindner, der Solist

FDP Campaigns In Hamburg

Ein Dressman: Christian Lindner in Hamburg.

(Foto: Omer Messinger/Getty Images)

Von Stefan Braun

So nah sind Lust und Last in der Politik selten zusammengekommen. Entsprechend vielgesichtig konnte man Christian Lindner nach der Wahlnacht erleben. Der Mann, der die Wiederauferstehung der FDP ermöglicht hat, zeigt seit dem 24. September, wie schwankend es einem gehen kann, mit so einer Geschichte. Einer Geschichte vom Absturz und Wiederaufstieg einer Partei, von Freude und von schwerer Verantwortung. Man erlebte einen Christian Lindner, der mal cool war, mal angespannt wirkte, dann wieder übertrieben aggressiv auftrat und am Ende lächelte, als sei nichts gewesen. Für einen PR-Experten wie ihn sind das viele Teile einer Taktik, die da heißt: Ich kann alles. Eine gewisse Unsicherheit aber vermochte er nicht mehr zu verstecken, nachdem ihn die Wahl in Gespräche über ein Jamaika-Bündnis gezwungen hatte, die schwersten Koalitionsgespräche der jüngeren FDP-Geschichte. Und so wurde aus einem großen Sieg eine große Aufgabe.

Noch dazu eine, die er am Ende als unlösbar zurückgab. Spektakulär, wie das seine Art ist, sagte er spät in der Nacht adieu. Unterfüttert mit dem Satz, er wolle lieber gar nicht als falsch regieren. Wie eine große Geste ließ er es aussehen, wie eine Rettung seiner Prinzipien. Ob das Publikum es eher als Flucht in Erinnerung behalten wird, entscheidet sich später. Das Ausschlagen von Verantwortung könnte jedenfalls eine folgenreiche Fehleinschätzung sein, falls eine stabile Regierung zustande kommt, die der FDP wenig Angriffsfläche bietet.

Und so bleibt fürs erste nur stehen, was er unbestreitbar geschafft hat. Als der 38-Jährige die Partei im Dezember 2013 übernahm, lag sie am Boden. Die Wähler hatten sie aus dem Bundestag befördert. Und im November 2014 waren die Umfragewerte so mies, dass sie gar nicht mehr gemessen werden konnten. Dann freilich engagierte der FDP-Chef eine Berliner Werbeagentur - und ab da wurde es besser. Wie noch keiner vorher hat er die Partei auf sich ausgerichtet. Frech, provokant, in ungekannter Weise mit den sozialen Medien spielend. Die Rückkehr der FDP - das ist ein Triumph, den ihm niemand nehmen kann. Egal, was noch kommt.

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