FDP:Gesicht zeigen

Die Liberalen möchten mit harter Oppositionsarbeit auffallen.

Von Mike Szymanski

Auf FDP-Chef Christian Lindner ist Verlass, wenn es um die Kanzlerin geht. In gewisser Hinsicht jedenfalls. Er wünscht der neuen Regierung am Montag zwar "Fortüne", wie man das zum Beginn so tut. Aber je länger er vor der Bundespressekonferenz redet und je häufiger er die Worte Glück und Erfolg in den Mund nimmt, desto hohler klingen sie. Die Frage-Antwort-Runde erreicht die Person Merkel, da tut sich die tiefe Kluft zwischen dem FDP-Vormann und der Kanzlerin nur zu deutlich auf.

Lindner wird gefragt, ob vieles nicht leichter und besser wäre ohne Merkel und ob er entschlossen sei, Merkel - sinngemäß - auszusitzen. Lindner sagt, routiniert, derlei Fragen seien spekulativ. Dabei könnte er es nun belassen. Aber er schiebt nach, dass sich diese Fragen "jetzt" nicht stellten, "sondern nach einer nächsten Wahl". Lindner eben. Gerade sein Auftreten nach der Wahl 2017, bei den Koalitionsverhandlungen und vor allem in der Nacht des Scheiterns der Jamaika-Gespräche, und danach die Dauerangriffe auf Merkel beim Versuch, eine Neuauflage der großen Koalition zu Stande zu bringen, hatten im Unionslager den Eindruck entstehen lassen, Lindner arbeite einzig und allein auf ein Ziel hin: Merkels Ablösung.

"Nicht schrill und erst recht nicht fundamental, sondern smart" möchte Lindner nun die Oppositionsrolle ausfüllen. Merkel bekommt dennoch gleich mal eine Breitseite ab: Der mit der SPD ausgehandelte Koalitionsvertrag sei schon aus der Zeit gefallen, bevor die neue Regierung offiziell das Arbeiten angefangen habe. Mit "Geld als Schmiermittel" habe Merkel es ein weiteres Mal vermocht, "eine Regierung zusammenzubauen, die sich vor klaren Richtungsentscheidungen zur Erneuerung des Landes drückt".

Der Koalitionsvertrag atme "den Geist einer absoluten Staatsfixierung". Anstatt von Bürgern werde nur "von den Bedürftigen, von den Schwachen, von den Patienten" gesprochen. Eine böse Spitze folgt auf die nächste. Anders als in der Zeit der vergangenen großen Koalition, als lediglich Grüne und Linke die Oppositionsarbeit prägten, sei nun die FDP zurück im Bundestag. Seine FDP fühle sich der sozialen Marktwirtschaft, Rechtsstaatlichkeit, Weltoffenheit und Europa verpflichtet. "Alternative Position der Mitte" nennt Lindner das. "Wir werden sie jede Sitzungswoche durch Initiativen untermauern."

War Lindner in der Vergangenheit noch durch Lob für die Merkel-Kritiker innerhalb der Union aufgefallen, Jens Spahn (CDU) zum Beispiel oder Alexander Dobrindt (CSU), so zieht er nun einen klaren Trennstrich. Seine Liberalen würden "für nichts weniger" zur Verfügung stehen als eine "konservative Revolution". Dafür hatte sich der Chef der CSU-Bundestagsabgeordneten Dobrindt ausgesprochen. Und ob Spahn sich mit seinen Positionen innerhalb der Union durchsetzen wird, müsse sich erst noch zeigen.

Woher die verbale Härte rührt? Einen Hinweis liefert Lindner am Ende seines Auftritts. Bei den Jamaika-Verhandlungen hätte Merkel zum Schluss entscheiden müssen, wer sein Gesicht zu verlieren, sein Wort zu brechen habe - die Grünen oder die Liberalen. "Frau Merkel hat entschieden, das soll die FDP sein", erzählt Lindner. "Daran hatten wir keine Freude."

Künftig dürfte Merkel wenig Freude an der FDP haben.

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