FDP:Ein Liberaler in der Pegida-Stadt

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Dirk Hilbert, 43, wurde 2008 Stellvertreter von Dresdens OB Helma Orosz (CDU). Nun hat er selbst das Amt inne.

(Foto: Robert Michael/Imago)

Die Dresdner wählen Dirk Hilbert, Mitglied der FDP, zu ihrem Oberbürgermeister. Zuvor war er bereits Stellvertreter seiner Vorgängerin Helma Orosz (CDU).

Von Cornelius Pollmer, Dresden

Die schönsten Dinge im Leben von Dirk Hilbert gehen zurück auf einen Sonntag im Sommer, den 22. Juni 2008. Als Beigeordneter für Wirtschaft der Landeshauptstadt Dresden richtete Hilbert einen Empfang in Seoul aus. Es trat dort auf und sogleich in sein Leben: die koreanische Mezzosopranistin Su Yeon. Der Politiker, 43, und die Sängerin, 34, wurden zügig zu Beigeordneten in eigener Sache. Es gab eine Hochzeit noch vor Weihnachten desselben Jahres und es gibt den nun viereinhalbjährigen Sohn, Lucas. Familie Hilbert lebt in Dresden. Vater Dirk wurde hier geboren, und seit Sonntag steht er der Stadt als designierter Oberbürgermeister vor - 54,2 Prozent im zweiten Wahlgang. Auch dieses bisschen Glück im Leben von Hilbert geht zurück auf den 22. Juni 2008.

Während er in Seoul sein Herz verlor, wurde Helma Orosz (CDU) in Dresden zur Oberbürgermeisterin gewählt. Hilbert hatte zu ihren Gunsten nach dem ersten Wahlgang zurückgezogen, Orosz blieb handelstreu und machte ihn zum Ersten Bürgermeister. Hilbert vertrat Orosz, als diese wegen einer schweren Erkrankung erst lange fehlte und im Februar dieses Jahres vorzeitig aus dem Amt schied. Er tat dies nach Einschätzung der meisten gut bis sehr gut. Weil er moderierte, wo in Dresden sonst auf offener Bühne garstig gestritten wird, und weil er sich auch mal von seiner Partei, der FDP, entfernte, wenn es ihm in der Sache geraten schien. Mit solchen und anderen Zwischenpositionen ging Hilbert in diesen Wahlkampfsommer: Er blieb FDP-Mitglied, trat aber als unabhängiger Kandidat an. Er amtierte schon als OB, da war er noch gar nicht gewählt worden. Er galt bereits als guter Repräsentant der Stadt, da brachte ihm seine maßvolle Eloquenz im Gegenlager den Spitznamen "Ähm-Hilbert" ein. Und er setzte schließlich auf die Stimmen der in der Runde eins liegengebliebenen Kandidaten von CDU und Pegida, ohne aktiv darum werben zu wollen.

Als Hilbert neulich gefragt wurde, worauf Dresden verzichten könne, sagte er: Pegida. Als neuer OB will er die Stadt zu einer aktiven Flüchtlingspolitik führen, schon da dürfte sich zeigen, wie gut der Irgendwie-auch-ein-bisschen-FDP-Bürgermeister Hilbert und der rot-rot-grün-orange Stadtrat zusammenarbeiten. Auf sozialpolitische Forderungen der Mehrheit dieses Rates hat Hilbert mal wieder mit einer Zwischenposition reagiert. Die beste Sozialpolitik, sagt er, sei Wirtschaftspolitik, und Vollbeschäftigung das realistische Ziel.

Persönlich müsste sich Hilbert um eine Anstellung in der Wirtschaft wenig sorgen. Er ist Elektronikfacharbeiter und Diplom-Wirtschaftsingenieur. Sein Lebenslauf, schon davor: vergleichsweise tadellos. In der Schule blieb Hilbert nie sitzen, sei aber "mitarbeitsfaul" gewesen, sagt er. Dieses kommunikative Defizit immerhin scheint Vergangenheit zu sein. Hilbert hat heute den Ruf eines Netzwerkers, seine Wahlparty auf Schloss Eckberg war auch mit Führungsmenschen aus der Wirtschaft bestens besucht.

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