FDP-Chef Rösler in der Kritik:Missgunst trotzt Erfolgen

Die Praxisgebühr wird abgeschafft, der Haushalt soll schon 2014 ausgeglichen sein: In der Koalitionsrunde hat Philipp Rösler einen Achtungserfolg errungen - zumindest gemessen an den ohnehin geringen Erwartungen. Kritiker in der FDP schießen sich trotzdem weiter auf ihren Parteichef ein. Der versucht, das wegzureden.

Thorsten Denkler, Berlin

FDP-Präsidiumssitzung

Fäuste geballt - und durch: FDP-Chef Philipp Rösler wird in seiner eigenen Partei attackiert, trotz seines gerade errungenen Erfolges.

(Foto: dpa)

Philipp Rösler will die Frage nicht richtig verstehen. Dabei hätte er sie leicht beantworten können. In der Leipziger Volkzeitung haben sich mal wieder Leute zu Wort gemeldet, die Rösler wohl nur noch schwerlich als Parteifreunde bezeichnen kann. Ein "Ultimatum" soll es geben. Rösler solle seinen Hut nehmen, spätestens dann, wenn die FDP in dessen Heimat Niedersachsen im Januar die Fünf-Prozent-Hürde verfehle. Ein anonymer "Beteiligter" lässt sich in dem Artikel zitieren mit dem Satz, Röslers Gegner würden "notfalls auch im offenen Kampf für eine neue Klarheit sorgen".

Neu sind diese Gedanken nicht. Dass es für Rösler nach einer verlorenen Niedersachsenwahl eng wird, weiß wohl kaum einer besser als er selbst. Doch geäußert werden sie ausgerechnet am Tag, nach dem Rösler sich im Koalitionsausschuss ein paar Erfolge auf die Fahnen schreiben kann. Das zeigt, wie wenig überzeugt führende Liberale noch sind, dass Rösler sie 2013 wieder in den Bundestag führen kann.

Stellt sich also die Frage, ob diese Kritiker eigentlich auch mit ihm, dem Parteichef und Vizekanzler darüber sprechen oder nur mit der Presse. Rösler reagiert mürrisch, als ihm diese Frage während der Pressekonferenz an diesem Montag im Thomas-Dehler-Haus gestellt wird. Er will heute Erfolge verkünden. "Der Artikel spielt für mich und die Partei keine Rolle", sagt er.

Was die Frage nicht beantwortet. Also ein zweiter Versuch.

Wieder eine ähnliche Antwort aber entscheidend modifiziert: Der Artikel und das Thema spielten keine Rolle. "Das gilt für mich. Aber es gilt auch für die gesamte Parteiführung." Wenn er das wirklich glaubt, dann redet offenbar tatsächlich niemand mehr ehrlich mit ihm.

Solche Drohungen kommen für Rösler zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Im Koalitionsausschuss hat er seit langem mal wieder Verhandlungsgeschick unter Beweis stellen können. Er wollte unbedingt das Signal setzen, dass diese Regierung für solide Finanzen stehe. Schon ab 2014 soll dafür ein ausgeglichener Haushalt vorgelegt werden. Dass er das erreicht hat, nennt er selbst einen "Paradigmenwechsel" in der Politik der gesamten Koalition.

Reden geplant - das kann nicht schaden

Vielleicht übertreibt er es da auch etwas. An eine Chance für eine Neuauflage der schwarz-gelben Koalition glauben im Moment nur hartgesottene Optimisten unter Unionisten und Liberalen. Der Haushalt 2014 wird nach Lage der Dinge wohl kaum noch von der FDP mitverantwortet werden.

In der Verhandlungsnacht von Sonntag auf Montag soll Rösler im Kreis der Parteichefs vorgeschlagen haben, zugunsten seines Haushaltsziels gerne auf das Streichen der Praxisgebühr zu verzichten. Wenn die Union ihrerseits das Betreuungsgeld sein lässt. Das war aber wohl nicht drin.

Stattdessen wird das Betreuungsgeld sogar noch ein wenig teurer. Die FDP hat eine Bildungskomponente durchgesetzt, ein Bonus von 15 Euro für jene, die das Geld für die Bildung ihrer Kinder sparen - oder es in die eigene Altersvorsorge stecken.

Die Union hat dann lieber das Ende der Praxisgebühr und das 2014-Ziel geschluckt, als das Betreuungsgeld in Frage zu stellen. Bekommt dafür aber 750 Millionen Euro für Verkehrsinfrastruktur und darf Geringverdiener ein paar Euro zur Rente zuschießen. Aus Sicht der FDP ausnahmsweise Mal ein akzeptables Ergebnis.

Der größte Erfolg aber dürfte wohl sein, dass sich die schwarz-gelben Bündnispartner jetzt regelmäßig vor Bundesratssitzungen zu Koalitionsrunden treffen wollen. Das bedeutet: Sie haben vielleicht sogar ernsthaft vor, wieder mehr miteinander zu reden. Schaden kann das jedenfalls nicht.

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