FBI überwachte Geheimdienstchef:Mailverkehr bringt CIA-Chef Petraeus zu Fall

Bundesbehörde untersucht Geheimdienst: Eine Affäre in 37 Jahren Ehe bringt CIA-Chef David Petraeus zu Fall. Ganz freiwillig ist der Rücktritt nicht, denn das FBI stieß auf die Beziehung. Das Bundesamt überwachte Petraeus' Mail-Verkehr.

Christopher Pramstaller

Plötzlich galt er als Sicherheitsrisiko: David Petraeus, ehemaliger Vier-Sterne-General und CIA-Chef. Einer der gefeierten amerikanischen Helden und weltweit anerkannter Militärstratege. Er, der mit der US-Armee im Irak die Trendwende geschafft hatte und anschließend in Afghanistan die Taliban stoppte. Nun ist die glänzende Karriere des 60-Jährigen abrupt unterbrochen worden. Petraeus hat seinen Rücktritt eingereicht. Nicht ganz freiwillig, denn auf seine außereheliche Beziehung stieß das FBI, als sie seinen Email-Verkehr kontrollierte. Das berichtet das Wall Street Journal.

Nicht die Affäre an sich, sondern vielmehr das Sicherheitsrisiko scheinen der Hauptgrund zu sein, wieso die Untersuchungsbehörden darauf gedrängt haben und dann das Weiße Haus zugestimmt hat, dass Petraeus das Amt als CIA-Chef aufgibt. Eine außereheliche Beziehung hat nach Ansicht des FBI immense Auswirkungen auf die Sicherheitseinschätzung einer derart exponierten Person, da sie ihn (nach Meinung des FBI) erpressbar macht. Die Behörden sind dabei nicht nur um die Sicherheit offizieller Email-Accounts sondern ebenso auch um die privaten besorgt.

Die Überwachung von Petraeus' Email-Account soll schon im Frühjahr dieses Jahres begonnen haben, knapp neun Monate, nachdem er zum Chef des CIA aufgestiegen war. Wie Regierungsbeamte der New York Times mitteilten, habe die Untersuchung sich zu Beginn nicht auf Petreaus konzentriert.

Im Verlauf der Investigation hätten sich die FBI-Agenten jedoch Zugang zum Gmail-Postfach des Ex-Generals verschafft, da sie einen seiner Computer für kompromittiert hielten. Sie vermuteten, dass eine dritte Person versucht habe, sich sensible Daten zu verschaffen. Eine Gefahr für die nationale Sicherheit witterten die Agenten der Bundesbehörde.

Fassungslosigkeit in Washington

Sie stießen auf einen regen Email-Verkehr mit einer Frau, die laut WSJ Paula Broadwell sein soll. Sie ist Absolventin der West Point Militärakademie und Biografin. Vor Kurzem veröffentlichte sie ein Buch über den Befehlshaber mit dem Titel "All In: The Education of General David Petraeus". Petraeus war zu der Zeit des ersten Mailverkehrs noch General in Afghanistan und die Beziehung rein platonisch. Erst viel später, als der 60-Jährige aus der Armee ausgeschieden war, soll die Affäre begonnen haben - und auch schon seit Monaten beendet sein.

"Ein derartiges Verhalten ist inakzeptabel", erklärte Petraeus trotzdem gestern. Er ist seit 37 Jahren mit seiner Frau Holly verheiratet und sagt nun: "Ich habe extrem schlechtes Urteilsvermögen gezeigt, als ich mich auf eine außereheliche Affäre eingelassen habe." Petraeus' Rücktritt wurde in Washington mit Fassungslosigkeit registriert.

Intellektueller mit politischen Ambitionen

Der Sohn eines holländischen Kapitäns war in der US-Armee ein Star. Der Fallschirmjäger besuchte die Eliteschmiede der US-Armee in West Point. An der Universität Princeton erwarb er einen Doktortitel in Politikwissenschaft mit einer Studie, die das Debakel der US-Streitkräfte in Vietnam behandelt. Petraeus war 2006 auch maßgeblich an der Erstellung eines Armeehandbuchs zum Kampf gegen Aufständische im Irak beteiligt. Die dort dargelegten Leitlinien sollte er bald selbst in die Tat umsetzen.

Als die Präsidentschaft von Obamas Vorgänger George W. Bush im Irak-Chaos unterzugehen drohte, beauftrage dieser Petraeus im Jahr 2007, eine Wende herbeizuführen. Damals entlud sich die Rivalität zwischen Schiiten und Sunniten in einem blutigen Bürgerkrieg, während das Terrornetzwerk al-Kaida das Zweistromland zu einer Basis in seinem Feldzug gegen den Westen zu machen drohte. Petraeus schraubte die US-Truppenstärke auf 170.000 Soldaten hoch, die Gewalt im Irak nahm unter seinem Oberkommando ab.

Wegen Anschlag auf US-Konsulat in Bedrängnis

Als Obama den früheren CIA-Chef Panetta zum Verteidigungsminister beförderte, engagierte er Petraeus für die Leitung des Auslandsgeheimdienstes. Der Senat bestätigte im Sommer 2011 die Berufung mit einer überwältigenden Mehrheit von 94 der hundert Senatoren. Während seiner Zeit bei der CIA zog sich Petraeus aus der Öffentlichkeit weitgehend zurück.

Zuletzt geriet sein Geheimdienst aber im Zusammenhang mit der tödlichen Attacke auf das US-Konsulat im libyschen Bengasi in die Schlagzeilen: Die CIA soll Obamas Regierung tagelang Fehleinschätzungen über die Hintergründe des Angriffs geliefert haben. Kommenden Donnerstag sollte Petraeus dazu eigentlich vor einem Senatsausschuss aussagen.

Dem General mit dem Ruf eines Intellektuellen wurden politische Ambitionen nachgesagt. Als der gescheiterte republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney im Sommer nach einem Vizekandidaten fahndete, spekulierten die Medien auch über den Namen Petraeus. Der Soldat selbst wies dies stets zurück. Nach dem unehrenvollen Abschied von der Spitze der CIA stellt sich diese Frage nun wohl ohnehin nicht mehr.

Als kommissarischer Nachfolger bei der CIA wurde Petraeus bisheriger Stellvertreter Michael Morell benannt. Der 54-Jährige arbeitet seit 1980 für die CIA und ist seit Mai 2010 stellvertretender Direktor. Er war unter anderem ab 1999 Leiter der Abteilung Asien, Pazifik, Südamerika. Außerdem managte er das Team, das den täglichen Lagebericht für US-Präsident George W. Bush erstellte.

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