Fasching:Riesenkrake im Konfetti-Regen

Die ersten stehen schon am Vormittag erwartungsvoll in der Fußgängerzone, doch der Bär tobt erst am Nachmittag. Auch bei der Dschungelparade des Feierwerks marschieren fast tausend Faschingsfreunde mit

Von Anita Naujokat

Wann geht's los? Das dürfte am Vormittag wohl die am meisten gestellte Frage in der Fußgängerzone gewesen sein. Und ein älterer Mann will noch wissen, wo denn der Umzug sei. München narrisch: Bereits von elf Uhr an waren Musik, Tanz und Frohsinn am Faschingssonntag für die Fußgängerzone angesagt. Erwartungsfroh stehen erste Zuschauer an der Absperrung vor der Bühne der Tanzschule Wolfgang Steuer am Stachus, hinter der sich schon als Hähne, Irokesen und Cheerleader-Girls verkleidete Tanzschüler tummeln. Wolfgang Steuer, Begründer der Tanzschule, beobachtet vom Rollstuhl aus im Eisbärenkostüm das Treiben. Los gehe es erst gegen 13.30 Uhr, erklärt Frederik Maidorn, Tanzlehrer in Ausbildung. Auf der zweiten Bühne der Tanzschule auf dem Marienplatz beginne es früher. Dort finden Touristen und Einheimische Mittagsgeläut, Glockenspiel und Schäfflertanz aber zunächst noch interessanter.

Ein Kasper hängt unter dem Karlstor und hat dabei das Tor - die Faschingszone markierend - voll im Griff. Für einen Faschingssonntag in München sind um 11 Uhr bereits erstaunlich viele in der Neuhauser Straße und Kaufingerstraße unterwegs. Doch nur wenige in Maskerade. "Es ist leider nimmer so. In Bayern wird nicht wirklich Fasching gefeiert. Es ist keiner mehr richtig lustig", sagt die Betreiberin einer der vielen Getränkestände und kämmt ihre lilafarbene Perücke. Sie haben um acht Uhr morgens aufgebaut und werden bis Faschingsdienstag um 19 Uhr bleiben.

Claudia Tille verkauft Faschingsartikel. Sie könne nicht klagen, sagt sie. Sie habe sogar Stammkunden, die jedes Jahr mit den Sachen vom Vorjahr kämen und immer noch etwas dazukauften. Am Stachus rollt der erste Konfettiwagen an, bis zum Marienplatz werden es noch sieben sein.

Faschingslaune herrscht bereits drei Bushaltestellen vor dem Feierwerk, wohin alle zur Dschungelparade driften. Organisatorin Sylvia Zenkner hat noch immer alle Hände voll zu tun. Der 23. Faschingszug durch Sendling-Westpark ist ein lustiges, buntes und fröhliches Gewimmel aller Größen und Altersgruppen zwischen den Wagen mit der Pharaonin, "Dschupa", dem roten Elefanten, der Riesenkrake und den wogenden Stelzenläufern. Moritz, elf Jahre, staunt über die Größe des Zuges. In Bichl, wo er lebt, gebe es zwar mehr Wagen, aber viel weniger Leute. "Und es ist eine gute Art und Weise, wie man Kinder zum Spazierengehen bekommt", sagt sein Vater Holger. An die tausend Menschen marschieren Jahr für Jahr mit.

Am Nachmittag geht auch am Marienplatz der Bär ab. Eine Nonne mit besonders großem Holzkreuz hüpft mit Kind auf dem Arm zur Musik, ein "Weiß-noch-nicht-Mönch-oder-Pater" schwenkt Bier in der Hand. "Super" gefalle es ihnen, sagt ein Paar aus Ägypten, sie seien beide Moslems. Und bei "Viva Colonia" tauen selbst die letzten Zurückhaltenden auf. Nonne und "Weiß-noch-nicht-Mönch-oder-Pater" küssen sich innigst. Eine Gruppe junger chinesischer Männer hat sichtlich Spaß, sich gegenseitig mit Konfetti zu bewerfen. Sollten die Konfettiverkäufer vom Vormittag alle ihre Tüten unter die Leute gebracht haben, dürften die Straßenkehrer wieder viel zu tun haben.

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