Familienpolitik:Streit über Kinderlosen-Abgabe und künstliche Befruchtung für Unverheiratete

  • Der Sozialflügel der Union verurteilt den Vorschlag der Jungen Union zu einer Sonderabgabe für Kinderlose als "mittelalterlich". CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn verteidigt den Vorstoß hingegen als "mutig".
  • JU-Chef Paul Ziemiak hatte in der SZ neben der Abgabe für Kinderlose auch eine Umwandlung des Ehegatten- in ein Familiensplitting und ein 1000-Euro-Startpaket für jedes Neugeborene gefordert.
  • Familienministerin Schwesig (SPD) will stattdessen künftig auch die künstliche Befruchtung unverheirateter Paare staatlich fördern. Die Union meldet aber Vorbehalte an.

Von Robert Roßmann, Berlin

Die Junge Union (JU) hat in der CDU einen Streit über die Familienpolitik ausgelöst. Der Vorsitzende der Jungen Union, Paul Ziemiak, hatte in der Süddeutschen Zeitung eine Sonderabgabe von Kinderlosen verlangt. Sie soll ein Prozent des Bruttoeinkommens betragen. Der Sozialflügel der CDU verurteilte diese Forderung am Wochenende scharf. "Viele Menschen leiden unter ihrer Kinderlosigkeit", sagte der stellvertretende Vorsitzende der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft, Christian Bäumler, dem Handelsblatt. Eine Sonderabgabe für Kinderlose stigmatisiere und sei "mittelalterlich". Das CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn verteidigte den Vorstoß der JU dagegen.

Deutschland habe "die weltweit niedrigste Geburtenrate", sagte Spahn der SZ. Es sei deshalb gut, dass die Junge Union "mutig" über Zukunftsfragen wie das "Verhältnis von Eltern zu Kinderlosen" bei der Lastenverteilung nachdenke. Jetzt sollte die Jugendorganisation "die Debatte auch in der CDU vorantreiben".

Kinderlose sollen ab 25. Lebensjahr ein Prozent ihres Einkommens zahlen

JU-Chef Ziemiak hatte die Sonderabgabe damit begründet, dass Eltern enorme Ausgaben hätten, die bei Kinderlosen nicht anfielen. Die Abgabe wäre deshalb "keine Benachteiligung, sondern nur ein Ausgleich". Ziemiak griff damit eine Forderung auf, die mehrere junge CDU-Bundestagsabgeordnete bereits vor drei Jahren erhoben hatten.

Die Abgeordneten hatten vorgeschlagen, Kinderlose vom 25. Lebensjahr an mit einem Prozent ihres Einkommens zur Kasse zu bitten. Die Abgabe sollte nach der Anzahl der Kinder gestaffelt werden. Kinderlose müssten voll zahlen, Eltern mit einem Kind die Hälfte, Eltern mit mehreren Kindern nichts. CDU-Chefin Angela Merkel hatte den Vorschlag damals jedoch abgelehnt. Daraufhin war er nicht weiter verfolgt worden.

Neben der Abgabe für Kinderlose hatte Ziemiak die Umwandung des Ehegattensplittings in ein Familiensplitting sowie ein "Starterpaket" für Eltern verlangt. Sie sollen 1000 Euro für jedes Neugeborene erhalten. Ziemiak sagte, es gehe "um das Wichtigste, nämlich, dass Kinder geboren werden - also um unsere Zukunft".

Schwesig will auch unverheiratete Paare bei Kinderwunsch unterstützen

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig präsentierte am Wochenende einen anderen Vorschlag, mit dem die Zahl der Geburten erhöht werden könnte. Die SPD-Politikerin sagte, künftig solle die staatliche Förderung bei künstlichen Befruchtungen nicht mehr auf Ehepaare beschränkt werden. Sie "plane, die finanzielle Unterstützung für Kinderwunschbehandlungen auf nicht verheiratete Paare auszudehnen, die schon länger zusammenleben", sagte Schwesig der Bild am Sonntag. Sie könne "nicht verstehen, warum wir es Paaren so schwer machen, die sich nichts sehnlicher als ein Kind wünschen".

Die Union meldete jedoch umgehend Vorbehalte gegen den Plan der Ministerin an. Für die Bezuschussung einer künstlichen Befruchtung sei "eine möglichst stabile Beziehung" eine wichtige Voraussetzung, sagte der familienpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Marcus Weinberg. Dies sehe auch das Bundessozialgericht so. Nur in der Ehe existiere "die gesetzliche Verpflichtung zur Verantwortungsübernahme". Die Ehe sei die einzige Form, die Paaren einen Anspruch auf gegenseitigen Unterhalt, Versorgungsausgleich und auf Erbschaft garantiere. Von dieser Sicherheit für beide Partner würden mittelbar auch die Kinder profitieren.

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