Familienministerium:Milliarden-Wunschzettel

Zwei Milliarden mehr für die Länder: Vor allem die Sprachförderung in Kindertagesstätten und die Ganztagsbetreuung in Grundschulen sollen ausgebaut werden. Doch was sagt der Finanzminister?

Von Constanze von Bullion, Berlin

Der Wunschzettel der Familienministerin ist lang, der Finanzminister aber ist nicht in Spendierlaune. Zwei Milliarden Euro zusätzlich im Jahr für die Länder fordert das Bundesfamilienministerium bei den Haushaltsverhandlungen. Angesichts der Flüchtlingszahlen seien mehr Mittel nötig als bisher, vor allem für Sprachförderung in Kitas und für Ganztagsbetreuung in Grundschulen. "Eltern werden nicht auf Dauer tolerieren, dass die Kitagruppen und Schulklassen überfüllt sind", sagte Familienstaatssekretär Ralf Kleindiek der Süddeutschen Zeitung. Kleindiek, der Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) während ihres Mutterschutzes vertritt, warnte vor einem Wettlauf um Betreuungsplätze und einer Verschärfung der Flüchtlingsdebatte. "Wir wollen keine Konkurrenz, egal wo - ob auf dem Wohnungsmarkt, Kita, Schule, Arbeitsmarkt. Deshalb müssen wir investieren."

Die Forderungen aus dem Familienministerium reihen sich ein in die Ankündigung von SPD-Chef Sigmar Gabriel, dem Etat 2017 nur zuzustimmen, wenn nach dem Asylpaket II auch ein Sozial- und Integrationspaket geschnürt werde. Für Sprachförderung, Lehrer, Erzieher, Ausbildung und Qualifizierung müssten mehr Mittel bereitgestellt werden - und zwar parallel zur Flüchtlingsförderung auch für die bereits in Deutschland lebende Bevölkerung, hatte Gabriel gefordert. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte dies zurückgewiesen: Es sei "erbarmungswürdiges Gerede", wenn analog zu jeder Zuwendung für Flüchtlinge eine mindestens ebenso große Summe für Einheimische gefordert werde.

Im Familienministerium hingegen verweist man auf wichtige Integrationsaufgaben, die mit bisherigen Mitteln nicht zu bewältigen seien. Auf der Liste des Mehrbedarfs, der beim Finanzministerium angemeldet wurde, stehen zusätzliche 400 Millionen Euro für mehr Kita-Personal und den Ausbau des Sprachkita-Programms. Es unterstützt Einrichtungen mit vielen nicht-deutschsprachigen Kindern. Das Familienministerium will das Programm verdoppeln. 810 Millionen, den größten Zusatzposten, will Schwesig den Ländern für Ganztagsbetreuung an Grundschulen erkämpfen. Es gebe dringenden Bedarf, für alle Kinder. Ab 2019 seien sogar 1,5 Milliarden Euro nötig, dann laufen die Mittel aus dem gekippten Betreuungsgeld aus. Sie werden den Ländern bereits wegen der Flüchtlinge für Kitas überlassen. Schwesig will diese Zuwendungen verstetigen.

Sprachkitas sollen bei der besseren Integration von Flüchtlingskindern helfen

Und die Wunschliste der Familienministerin ist noch länger. 2015 stellte der Bund 50 Millionen Euro zusätzlich für Projekte zur Extremismusprävention zur Verfügung. Das Familienministerium will weitere 20 Millionen. Für die Betreuung von Kindern, deren Eltern an Integrationskursen teilnehmen, seien zudem 60 Millionen nötig. Auch der CDU-Parteivorstand habe im Eckpunktepapier "Fördern und Fordern" für eine solche Betreuung plädiert.

Beim Bundesfinanzminister wird bereits abgewinkt. In einem Schreiben, das der SZ vorliegt, wies Staatssekretär Werner Gatzer auf die ohnehin wachsenden Haushaltsmittel fürs Familienministerium hin. Für das Elterngeld stellt der Bund kommendes Jahr 400 Millionen mehr zur Verfügung, 2018 werden es 600 Millionen. Für Verwaltungskosten unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge gibt es 23 Millionen Euro mehr. Der Bundesfreiwilligendienst wurde aufgestockt. Im Übrigen habe, so Gatzer, das Familienministerium wie alle Ressorts eine globale Minderausgabe zu erwirtschaften und die Ausgaben um 25 Millionen Euro zu reduzieren. Man bitte, heißt es noch, "um konstruktive Zusammenarbeit". Mit anderen Worten: Mehr Geld für Sprachförderung und anderes gibt es nicht.

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