Familienarbeitszeit:Bis zu 300 Euro vom Staat

Wer Kinder betreut oder Angehörige pflegt, aber Geld verdienen muss, soll vom Staat stärker finanziell unterstützt werden. Ministerin Schwesig stellte ihr Konzept jetzt vor.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Wer Kinder bis zum achten Lebensjahr betreut, alte Angehörige pflegt und zudem noch Geld verdienen muss, soll nach dem Willen der SPD vom Staat stärker finanziell unterstützt werden. "Familien sind heute unter massivem Druck aufgrund einer Doppel- und Dreifachbelastung", sagte Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) am Montag in Berlin. Dort stellte die stellvertretende Parteivorsitzende ihr Konzept einer "Familienarbeitszeit" vor. Die staatliche Leistung soll - ähnlich wie das ElterngeldPlus - Mütter und Väter zu einer gerechteren Aufgabenteilung in Beruf und Familie motivieren. Aber auch die Pflege alter Angehöriger soll finanziell unterstützt werden. "Es muss möglich sein, dass man vollzeitnah arbeitet, sich aber auch um Kinder oder die eigene Mutter kümmert", sagte Schwesig. Gerade Frauen müssten hier entlastet werden.

Schwesigs Konzept einer Familienarbeitszeit, das sie in abgespeckter Form und vergeblich schon zu Beginn der Legislatur vorgeschlagen hatte, fördert Eltern, die sich beide für eine Teilzeittätigkeit entscheiden. Arbeiten beide zwei Jahre lang 26 bis 36 Stunden in der Woche, erhalten sie ein Familiengeld von zusammen 300 Euro monatlich. Eine ähnliche Regelung soll für Angehörige gelten, die sich um Pflegefälle in der Familie kümmern. Zwei Personen, die auch Geschwister sein können, erhalten hier je 150 Euro Pflegegeld, entweder gleichzeitig oder nacheinander, insgesamt also maximal vier Jahre lang. Schwesig schätzt die Kosten ihres Vorhabens auf insgesamt 2,5 Milliarden Euro pro Jahr.

Menschen, die pflegen, sagt die Familienministerin, brauchen dringend Entlastung

Die Mehrzahl junger Paare wünschten sich heute eine gerechte Aufgabenteilung in der Familie, nur einem kleinen Teil aber gelinge das, so Schwesig. Oft arbeiteten Väter nach der Geburt eines Kindes dann doch bald wieder in Vollzeit, während Mütter erheblich reduzierte Teilzeit akzeptierten. Diese Entscheidung falle oft aus rein wirtschaftlichen Erwägungen. Denn wo der Mann von vornherein mehr verdiene, seien seine Einbußen bei Teilzeit auch größer als die der Frau. Zudem übernehmen Frauen bis heute 80 Prozent der Arbeit für Kinder und Pflegefälle, so Schwesig. Oft führe eine solche private Pflege zu Überlastung. Betroffen seien in den meisten Fällen Frauen. Bei 65 Prozent zeigten sich psychische Leiden. "Deshalb brauchen Menschen, die pflegen, dringend Entlastung."

Die Familienarbeitszeit werde es "nur mit einem Kanzler Martin Schulz geben", sagte Schwesig. "CDU und CSU haben bewiesen, dass es ihnen egal ist, wie die Familien im Alltag klarkommen." Der Arbeitgeberverband BDA wies die Vorschläge zurück. "Ein weiterer starrer gesetzlicher Anspruch ist überflüssig", erklärte der Verband. "Schon heute gibt es in den Betrieben unzählige flexible Modelle, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu stärken." Nötig seien mehr Ganztagskitas und Ganztagsschulen. Der Verband Gesamtmetall nannte die Pläne "absurd" und befürchtet eine Verschärfung des Arbeitskräftemangels. "Die Pläne greifen zu kurz", sagte die Linken-Chefin Katja Kipping.

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