Fall Wendt:Hauptkommissar²

Die Affäre um den Gewerkschafter Rainer Wendt konnte sich erst durch den Menschen Rainer Wendt entwickeln.

Von Detlef Esslinger

Rainer Wendt ist nicht der Erste, der in eigener Sache wenig Gespür und Geschick zeigt. Besäße er das Gespür, hätte er sich nie auf eine Konstruktion eingelassen, in der das Land Nordrhein-Westfalen weiterhin den größeren Teil seines Gehalts übernimmt - obwohl er schon lange nicht mehr als Polizist aktiv war und als Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft der Gegenspieler von Bund und Ländern ist. Besäße er das Geschick, hätte er nicht behauptet, "in der Summe" überstiegen seine Einkünfte das Gehalt eines Hauptkommissars nicht. Konnte er sich nicht denken, dass es nur eine Frage von Tagen war, bis seine Einkünfte aus Aufsichtsratsposten bekannt würden?

Wendt gehört zu denjenigen, die eine Affäre durch den Umgang mit ihr größer machen, als sie zunächst war. Posten in Aufsichtsräten sind nicht verwerflich - aber er hätte sich das Disziplinarverfahren, das NRW nun gegen ihn eröffnet, leicht ersparen können; ebenso den Ärger in Öffentlichkeit und Gewerkschaft. Da er de jure Polizist geblieben war, hätte er die Aufsichtsratsposten dem Land melden müssen. Und hätte er dies getan, hätte er zumindest einen Grund weniger gehabt, öffentlich den Eindruck des bescheidenen Hauptkommissars zu erwecken.

Sofern es legal ist, darf man gerne dafür sorgen, in finanzieller Hinsicht ein Hauptkommissar² zu werden. Aber Wendt denkt offenbar, es reicht, wenn er alle Dinge mit sich selber klärt.

© SZ vom 09.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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