Fall Snowden:China kontert US-Kritik

Im Streit um Snowden wehrt sich Peking gegen Vorwürfe aus Washington - und verweist auf illegale NSA-Aktivitäten in der Volksrepublik. Das Sprachrohr der Regierung nennt die Vereinigten Staaten gar einen "kranken Eindringling".

Edward Snowden, USA, Internet-Überwachung

Er wollte von Anfang an über die Datensammel-Aktionen der USA aufklären: der ehemalige NSA-Mitarbeiter Edward Snowden.

(Foto: REUTERS)

Die spektakuläre Flucht des ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden belastet das Verhältnis zwischen den beteiligten Großmächten: China reagierte ungehalten auf Kritik aus den USA. Die chinesische Zeitung Peoples Daily, die als offizielles Sprachrohr der Kommunistischen Partei gilt, wies in einem Artikel Anschuldigungen Washingtons von sich, Snowden die Ausreise aus Hongkong nach Moskau erleichtert zu haben. Das berichtet der britische Guardian. Die chinesische Regierung sei demnach auch "sehr besorgt" über die Enthüllung Snowdens, dass der US-Geheimdienst NSA unzählige Netzwerke in China gehackt hätte.

Die USA seien nicht mehr als "Modell der Menschenrechte" anzusehen, sondern als "Manipulierer" des Internets sowie als "kranker Eindringling", heißt es dem Guardian zufolge weiter in dem Artikel. Die staatliche chinesische Zeitung würdige den Whistleblower Snowden explizit dafür, dass er mit seinen Enthüllungen "Washingtons scheinheilige Maske heruntergerissen" habe.

US-Außenminister John Kerry hatte China und Russland am Montag davor gewarnt, ihre Beziehungen zu den Vereinigten Staaten durch die Snowden-Affäre zu gefährden. Er übte scharfe Kritik an Peking und sprach von einem "schweren Rückschlag" für die Beziehungen. US-Präsident Barack Obama sagte, die USA versuchten im Gespräch mit den betroffenen Ländern "sicherzustellen, dass das Recht zum Zuge kommt".

Von Moskau verlangte die US-Regierung die Auslieferung des 30-jährigen Snowden. Russland verwahrte sich allerdings gegen die Forderung: Für eine Festnahme und eine Auslieferung an die USA gebe es keinen Grund, ließ die Regierung am Montag wissen. Außenminister Sergei Lavrov sagte, Snowden habe nie russischen Boden betreten. Außerdem habe der Kreml nichts über die Reisepläne des Whistleblowers gewusst. Die Vorwürfe Amerikas nannte Lavrov "grundlos und unakzeptabel".

Snowden plante Enthüllungen von langer Hand

Denn zwei Tage nach seiner Flucht von Hongkong nach Moskau fehlt von dem Ex-US-Geheimdienstmitarbeiter jede Spur. Es sei unklar, wo sich der 30-Jährige aufhalte, berichtete das russische Staatsfernsehen am Dienstagmorgen. Der Blick richte sich erneut auf die Mittagsmaschine der staatlichen Gesellschaft Aeroflot, die um 12:05 Uhr MESZ von Moskau-Scheremetjewo nach Havanna fliege. Am Vortag verließ eine Aeroflot-Maschine Moskau allerdings ohne ihn.

Neue Details zu Snowdens Vorgehen und Motivation meldet die Hongkonger Zeitung South China Morning Post unter Berufung auf ein Interview mit ihm. Demnach soll der ehemalige NSA-Mitarbeiter sich nach eigenen Angaben von vornherein in den US-Geheimdienst eingeschleust haben, um dessen Schnüffeleien im Internet aufzudecken. Allein aus diesem Grund habe er den Job als IT-Techniker bei der Beratungsfirma Booz Allen Hamilton angenommen, die im Auftrag des US-Geheimdienstes NSA an der Internet-Überwachung beteiligt war.

Seine Arbeit habe ihm Zugang zu Listen mit gehackten Computern in der ganzen Welt verschafft, soll Snowden demnach gesagt haben. Nach Angaben der Zeitung, die nach und nach Teile ihres Interviews vom 12. Juni veröffentlicht, will der 30-Jährige weitere Enthüllungen über die Internet-Üüberwachung der USA machen. Vorher wolle er das Material aber noch weiter sichten.

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