Fall Khafagy:Steinmeier wusste früh von Festnahme

Bereits seit September 2001 soll Außenminister Frank-Walter Steinmeier gewusst haben, dass der in München lebende Ägypter Abdel Halim Khafagy von US-Soldaten festgenommen worden war. Auch über Misshandlungen war Steinmeier offenbar informiert.

Der Fall Khafagy beschäftigt zur Zeit den BND-Untersuchungsausschuss des Bundestages. Der in München lebende Ägypter war am 25. September bei einer Reise in Bosnien-Herzegowina von US-Soldaten festgenommen worden.

Fall Khafagy: Von "mit deutschen Rechtsnormen kollidierenden Vernehmungspraktiken" soll Frank-Walter Steinmeier schon als Kanzleramtschef gewusst haben.

Von "mit deutschen Rechtsnormen kollidierenden Vernehmungspraktiken" soll Frank-Walter Steinmeier schon als Kanzleramtschef gewusst haben.

(Foto: Foto: Reuters)

Unter Berufung auf interne Vermerke des Kanzleramts berichtet nun stern.de, dass Frank-Walter Steinmeier bereits als Kanzleramtschef über den Vorfall informiert war. So habe das Bundeskriminalamt (BKA) am 27. September 2001 einer geheimen Sitzungsrunde im Bundeskanzleramt, der sogenannten Sicherheitslage, die Festnahme in Bosnien gemeldet. Außerdem berichtete das BKA, dass einer der Festgenommenen "eine Wohnung in München" habe.

Steinmeier, der zu dieser Zeit die Sicherheitslage leitete, zeichnete das Protokoll der Sitzung ab. Bei zwei weiteren Sitzungen in den darauf folgenden Tagen kam die Sache ebenfalls zur Sprache. Steinmeier zeichnete auch diese Protokolle ab.

Nach Angaben von stern.de gibt es außerdem Indizien dafür, dass Steinmeier auch von US-Übergriffen bei der Festnahme gewusst hat. Beamte des BKA und des BND hatten bei einem Besuch in einem US-Gefängnis im bosnischen Tuzla am 2. Oktober 2001 erfahren, dass Khafagy von US-Soldaten geschlagen und schwer verletzt worden war.

Der Besuch der deutschen Beamten war am 26. September 2001 vom Kanzleramt genehmigt worden. Auf einem Sprechzettel des damaligen BKA-Präsidenten Ulrich Kersten für Steinmeiers Kanzleramts-Runde am 9. Oktober war vermerkt, dass es im Fall Khafagy zu "mit deutschen Rechtsnormen kollidierenden Vernehmungspraktiken" gekommen sein könne.

Khafagy selbst sagte stern.de, seine Zelle in dem Gefängnis in Bosnien habe weder Fenster, noch Stuhl, Tisch oder Bett gehabt, lediglich eine Decke auf dem Fußboden. Manchmal habe der 76-Jährige seinen mit ihm verhafteten Schwager in der anderen Zelle schreien und rufen gehört. "Später hat er mir erzählt, er habe immer meinen Namen geschrieen, wenn er gerade geschlagen wurde", sagte der Ägypter.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: