Fall Edward Snowden:Berlin verlangt Antworten von der US-Regierung

Edward Snowden Weihnachten auf Channel 4

Edward Snowden im Dezember 2013.

(Foto: AFP)

Die Opposition will Edward Snowden im NSA-Ausschuss befragen. Die Regierung hat Vorbehalte, beschäftigt sich aber mit den möglichen Konsequenzen. Nach Recherchen von NDR und SZ will sie von den USA mehr Informationen zu einer eventuellen Abschiebung und zum Tatvorwurf.

Von Hans Leyendecker und Georg Mascolo

Die Bundesregierung will von den USA weitere Informationen für den Fall der eventuellen Festnahme und der dann möglichen Auslieferung Edward Snowdens. Aus diesem Grund sollen die USA ihr im Juli 2013 erstelltes Festnahmeersuchen präzisieren. Berlin will deshalb in Kürze der US-Administration eine Verbalnote zukommen lassen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung und des NDR soll die US-Seite insbesondere den Tatvorwurf genauer erläutern.

Auch soll auf diesem Weg geklärt werden, ob Snowden im Falle eines Prozesses in den USA vor ein Sondergericht käme und ob ihm eventuell die Todesstrafe drohen würde. US-Offizielle hatten wiederholt erklärt, Snowden müsse eine solche Strafe nicht fürchten. Dies will Berlin nun schriftlich haben. Die USA haben im Sommer vergangenen Jahres den Whistleblower vor allem wegen des Verdachts des Geheimnisverrats angeklagt und suchen ihn weltweit per internationalem Haftbefehl.

US-Ersuchen soll nicht genau genug formuliert sein

Mit dem neun Monate alten Festnahmeersuchen beschäftigten sich in den vergangenen Wochen intensiv das Auswärtige Amt, das Bundesinnenministerium, das Bundesjustizministerium und das Kanzleramt. Das Ersuchen soll in juristisch wichtigen Punkten zu unbestimmt und nicht eindeutig genug formuliert sein.

Die Bitte um Präzisierung steht offenbar im Zusammenhang mit dem Antrag der Opposition im NSA-Untersuchungsausschuss, die Snowden als Zeugen laden will. Union und SPD hatten durchgesetzt, dass zunächst die Bundesregierung bis zum 2. Mai eine Stellungnahme abgeben soll, unter welchen Umständen eine solche Befragung möglich sei.

Die Regierung möchte offenbar unter allen Umständen verhindern, dass Snowden nach Deutschland kommt. Dies wird unter anderem von Unionspolitikern damit begründet, in diesem Fall müsse die Bundesregierung einem Auslieferungsersuchen der USA stattgeben. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hatte sich im Vorjahr in einem Gutachten nicht so eindeutig geäußert und das "freie Geleit" ins Spiel gebracht. Letztlich könne diese Frage nur "anhand des konkreten Einzelfalls entschieden werden", hatten die Bundestagsjuristen gemeint.

SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte in diesen Tagen gesagt, er habe die Sorge, dass Snowden bei einer Reise nach Deutschland Gefahren ausgesetzt wäre, die auch die Bundesregierung nicht überschauen könne. Er spielte damit auf einen möglichen Zugriff der US-Geheimdienste an, sollte Snowden Moskau verlassen. Gabriel erinnerte an die erzwungene Landung der bolivianischen Präsidentenmaschine im Juli 2013 in Wien.

Damals hatten die US-Dienste den früheren NSA-Mitarbeiter an Bord vermutet. In SPD-Kreisen wird das Szenario diskutiert, die USA könnten mit Kampfjets eine Snowden-Maschine, die auf dem Weg nach Deutschland sei, etwa über dem Gebiet Polens zur Landung zwingen. Gabriel schlug vor, die Mitglieder des Untersuchungsausschusses könnten Snowden in Moskau als Zeugen befragen.

Opposition wirft Regierung "Hasenfüßigkeit" vor

Politiker der Linkspartei und der Grünen warfen der Regierung "Hasenfüßigkeit" vor. Die Vorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, machte in einem Zeitungsinterview den Vorschlag, Snowden mit der Maschine der Kanzlerin in Moskau abzuholen. Dieses Flugzeug werde von niemandem zur Landung gezwungen werden.

"Ich bin gern bereit, vor dem Untersuchungsausschuss auszusagen und knüpfe dies grundsätzlich an keine Bedingungen", ließ sich Snowden durch seinen Anwalt Wolfgang Kaleck für den Ausschuss-Vorsitzenden Patrick Sensburg (CDU) zitieren. Allerdings müsse vorher schon die Frage der Sicherheit Snowdens geklärt werden.

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