Fall Amri:Behörden mit Registrierung überfordert

Als erster Zeuge hat im Untersuchungsauschuss zum Fall des Berliner Lkw-Attentäters Anis Amri der Chef des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge ausgesagt - mit klaren Worten.

Von Jan Bielicki, Düsseldorf

Der Fall des Berliner Lkw-Attentäters Anis Amri hat Mängel im Datenaustausch zwischen europäischen und deutschen Behörden offengelegt. Der Chef des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch, und der ehemalige Leiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf), Frank-Jürgen Weise, betonten vor einem Untersuchungsausschuss des Düsseldorfers Landtags Probleme beim Abgleich von Daten der ins Land gekommenen Flüchtlinge. Das sei "nicht so gelaufen, wie es der Bürger vom Staat erwarten konnte", sagte Weise am Montag als erster Zeuge vor dem Ausschuss. Dieser will klären, ob und welche Fehler nordrhein-westfälische Behörden im Umgang mit dem tunesischen Terroristen gemacht haben könnten. Amri hatte im Dezember einen Lastwagen in einen Weihnachtsmarkt in Berlin gesteuert und zwölf Menschen getötet.

Fehler des Bamf sah Weise, der weiterhin der Bundesagentur für Arbeit vorsteht, aber nicht. Amri kam demnach im August 2015 und im Januar 2016 in die Akten des Amtes, als er unter falschen Namen Asyl beantragte. Am 16. Februar informierte das NRW-Landeskriminalamt das Bamf, dass es sich um eine Person unter mehreren Identitäten handelte. Darauf zog das Bamf die Bearbeitung von Amris Antrag vor. Er wurde im April angehört, sein Gesuch Ende Mai wegen Täuschung abgelehnt.

Harte Kritik übte Weise an der Kooperationsbereitschaft von NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD). Dieser habe ihn kurz nach Amtsantritt öffentlich als "unbefähigt" gescholten. Seither habe es keinen Kontakt mehr zwischen dem Minister und ihm gegeben. BKA-Chef Münch erklärte, es gebe "dringenden Nachholbedarf" beim Ausbau des europäischen Datenaustauschs, aber auch Schwachstellen im Inland, etwa bei den rechtlichen Möglichkeiten in einigen Bundesländer wie NRW, Telefone von Gefährdern zu überwachen.

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