Netz-Fahndung:Türkei soll israelische Soldaten per Facebook identifiziert haben

Der türkische Geheimdienst nutzt einem Zeitungsbericht zufolge soziale Netzwerke, um israelische Soldaten ausfindig zu machen, die vergangenes Jahr am blutigen Einsatz gegen die Gaza-Hilfsflotte beteiligt gewesen sein sollen. Angeblich mit Erfolg.

Türkische Ermittler haben israelische Soldaten, die an dem blutigen Einsatz gegen die Gaza-Hilfsflotte im Mai 2010 beteiligt gewesen sein sollen, angeblich unter anderem mit Hilfe von Facebook identifiziert. Der Geheimdienst habe Fotos aus israelischen und türkischen Zeitungen genutzt, um nach den Soldaten in Online-Netzwerken zu suchen, berichtete die türkische Tageszeitung Sabah.

Der Streit zwischen Israel und der Türkei

Das türkische Hilfsschiff Mavi Marmara bei seiner Rückkehr nach Istanbul im Oktober 2010: Der türkische Geheimdienst soll über Facebook israelische Soldaten ausfindig gemacht haben, die an dem Einsatz gegen das Schiff beteiligt gewesen sein sollen.

(Foto: dpa)

Die Türkei verlangt eine Strafverfolgung der israelischen Soldaten und will dies vor internationalen und türkischen Gerichten durchsetzen. Der Geheimdienst habe dem zuständigen türkischen Staatsanwalt eine Liste mit den Namen von 174 verdächtigen Soldaten und ihrem Dienstgrad übergeben. Die Türkei werde die Daten auch an die israelische Regierung weiterleiten.

Das türkische Schiff Mavi Marmara war Teil einer "Hilfsflotille", mit der Aktivisten am 31. Mai 2010 die israelische Seeblockade des Gaza-Streifens durchbrechen wollten. Dabei sollten 10.000 Tonnen Hilfsgüter zu den Palästinensern gebracht werden. Israel will nach eigenen Angaben den Waffenschmuggel in das Palästinensergebiet unterdrücken und hatte das Schiff von Soldaten aufbringen lassen. Bei dem Einsatz waren acht Türken und ein türkischstämmiger Amerikaner getötet worden.

Seit Monaten andauernder Schlagabtausch

Die Türkei und Israel streiten seit Monaten um die Erstürmung des türkischen Schiffs durch die israelische Marine. Der Streit hatte zu einer weiteren Verschlechterung der einst guten Beziehungen zwischen der beiden Länder geführt. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan forderte wiederholt eine Wiedergutmachung für den Zwischenfall: "Israel muss sich entschuldigen und Entschädigung zahlen für den Tod unserer Märtyrer und es muss die Blockade des Gaza-Streifens aufheben." Da die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu dazu aber nicht bereit ist, wies die Türkei Anfang September den israelischen Botschafter aus und legte die militärische Zusammenarbeit mit Israel auf Eis.

In einem UN-Untersuchungsbericht war Israels Position in wesentlichen Punkten gerechtfertigt worden. Ankara kritisiert, die Kommission habe ihre Zuständigkeit weit überschritten. Seitdem liefern sich beide Seiten einen verbalen Schlagabtausch.

Die USA boten sich als Vermittler an, was Ankara aber ablehnte. Bei der UN-Vollversammlung in New York forderte der türkische Staatspräsident Abdullah Gül erneut eine Entschuldigung Israels. Verbunden wurde dies mit der Forderung nach der Anerkennung eines palästinensischen Staates.

Anmerkung der Redaktion: Titel und Vorspann dieses Artikels machten in einer früheren Version nicht klar, dass die Grundlage für unseren Bericht eine türkische Zeitungsmeldung ist, sondern stellten die Identifizierung per Facebook als Tatsache dar. Auf Beschwerde einer Leserin hat uns der Presserat auf dieses Versäumnis hingewiesen. Wir bitten um Entschuldigung für den Fehler und haben ihn korrigiert.

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