Facebook:Zensur? Zäsur!

Die Kritik am neuen Gesetz von Minister Maas ist abwegig.

Von Joachim Käppner

Im österreichischen Wahlkampf wurde eine alte Dame zum digitalen Star. Die 89-jährige Gertrude, eine Überlebende des Holocaust, beklagte Hetze, Beleidigungen und Hass im Internet; Populisten würden so "das Niedrigste aus den Menschen herausholen". So sprach Gertrude per Video auf Facebook, das seinerseits auch eine Plattform ist, über die das Niedrigste weit verbreitet wird. Das Gesetz gegen Hass im Netz, das der Bundestag am Freitag als erstes Parlament der Welt verabschiedete, verpflichtet den Konzern jetzt, strafbare Einträge zu löschen.

Viele sehen darin einen Verstoß gegen die Meinungsfreiheit - ein kolossales Missverständnis. Juristisch ist eine Morddrohung oder das Leugnen des Holocaust strafbar, egal ob dies ausgesprochen, per Flugblatt verbreitet oder via Facebook veröffentlicht wird. Recht und Menschenwürde enden nicht dort, wo das Internet beginnt.

Kritiker bei Grünen und Linken sehen es außerdem kritisch, dass nunmehr private Konzerne wie Facebook entscheiden, was zu löschen ist und was nicht. Das ist ein gewichtiges Argument; jedoch: Hier hat ein privater Großkonzern zur Gewinnmaximierung rechtsfreie Räume zugelassen, in dem die Menschenwürde wenig gilt. Für Linke wäre das eigentlich ein lohnendes Thema, statt über eine Zensur zu klagen, die, wie es das Grundgesetz bestimmt, nicht stattfindet - auch nicht durch das Gesetz gegen den Hass.

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