Extremismus:Schily will "Kalifen von Köln" ausweisen

Der als "Kalif von Köln" bekannt gewordene Muslimführer Metin Kaplan soll sofort ausgewiesen werden. Otto Schily (SPD) hat die extremistische Vereinigung "Kalifatsstaat" von Kaplan verboten.

Der aus der Türkei stammende Kaplan ist derzeit in Düsseldorf in Haft. Es müsse die Zusicherung geben, "dass die Türkei die Todesstrafe zumindest nicht vollstreckt", so Otto Schily. Es werde Gespräche mit der Regierung in Ankara geben.

In Köln räumten mehrere hundert Polizisten die Büros und die Moschee des als "Kalif von Köln" bekannt gewordenen Muslimführers Metin Kaplan. Auch Privatwohnungen seien durchsucht worden, teilte die Polizei mit. Die Aktion sei ruhig und ohne nennenswerten Protest von Vereinsmitgliedern verlaufen.

Der "Kalifatsstaat" soll enge Kontakte zu Terroristenchef Osama bin Laden unterhalten und war am frühen Morgen von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) verboten worden.

Rund 30 Anhänger der Vereinigung seien in den Vereinsräumen des Kölner Hauptsitzes angetroffen worden, sagte ein Polizeisprecher. Ihre Personalien seien überprüft worden. Für eine Festnahme habe es keinen Anlass gegeben. Die Menschen seien auf eine mögliche Durchsuchung offenbar vorbereitet gewesen. Deshalb habe es keinen Widerstand gegeben, sagte der Sprecher. "Schily soll büßen", sagte ein Sprecher des "Kalifatsstaats" mit Namen Mullah Omar vor Pressevertretern während der Räumung.

Grundlage für das Verbot des "Kalifatsstaat" war die Streichung des Religionsprivilegs im Vereinsgesetz. Diese war nach den Terroranschlägen in den USA mit dem ersten Anti-Terror-Paket der Bundesregierung beschlossen worden. Auch die Aktivitäten der Kaplan- nahen Stiftung "Diener des Islam" sowie 19 Teilorganisationen wurden von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) untersagt. In Bayern wurden ebenfalls vier Moscheen sowie Privat- und Geschäftsräume durchsucht.

Die Innenminister aus Bayern und Nordrhein-Westfalen, Günther Beckstein (CSU) und Fritz Behrens (SPD) begrüßten das Verbot. Die bundesweite Streichung des Religionsprivilegs aus dem Vereinsgesetz sei ein zentraler Punkt bei der Bekämpfung des islamischen Extremismus. "Jetzt haben wir endlich eine Handhabe gegen Vereinigungen, die unter dem Deckmantel der Religionsausübung politisch-extremistisch agitieren oder sogar Straftaten begehen", hieß es in einer Mitteilung von Behrens. Auch Baden-Württembergs Innenminister Thomas Schäuble (CDU) begrüßte das Verbot und die Durchsuchungen. Schilys Entscheidung sei "absolut geboten", sagte Schäuble im DeutschlandRadio Berlin. Mit einem Möbelwagen transportierten die Beamten in Köln Computer, Tische und Stühle aus dem Hauptquartier des Kalifen ab. Nach Anweisung des Bundesinnenministeriums solle das Vereinsvermögen beschlagnahmt werden, sagte der Polizeisprecher. Der Abtransport der Möbel und Unterlagen mache die Vereinigung quasi "arbeitsunfähig", so der Sprecher.

Der Verband des selbst ernannten Kalifen Metin Kaplan hat rund 1100 Mitglieder bundesweit, davon allein 550 in Nordrhein-Westfalen.

Die Organisation propagiert den gewaltsamen Sturz der türkischen Regierung und die Errichtung eines islamischen Gottesstaates, heißt es im Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Als Sitz des Kalifatstaates wird "bis zur Befreiung Istanbuls" die Domstadt betrachtet. Verfassungsschützer haben den "Kalifatstaat" wegen seiner "aggressiven, antisemitischen und demokratiefeindlichen Agitation" schon seit vielen Jahren im Visier. Kaplan, der in Deutschland Asyl genießt, war vom Düsseldorfer Oberlandesgericht im November 2000 wegen öffentlichen Aufrufs zum Mord an einem Rivalen zu vier Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Nach Einschätzung von Verfassungsschützern sind Kaplans Anhänger nach seiner Inhaftierung und Verurteilung noch enger zusammengerückt. Der Verband verfügt über eine eigene Wochenzeitung und über eine wöchentlich in der Türkei ausgestrahlte Fernsehsendung.

Er nutzt auch das Internet zu Propagandazwecken.

(sueddeutsche.de/dpa)

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