Ex-RAF-Terroristin:Anklage gegen Verena Becker

Die Bundesanwaltschaft klagt an: Die frühere RAF-Terroristin soll Mittäterin beim Mord am damaligen Generalbundesanwalt Buback gewesen sein.

Hans Leyendecker

Die Karlsruher Bundesanwaltschaft hat gegen die frühere RAF-Terroristin Verena Becker Mordanklage erhoben. Die 57-Jährige soll Mittäterin bei dem Anschlag auf den früheren Generalbundesanwalt Siegfried Buback im April 1977 gewesen sein. An der eigentlichen Tatausführung sei Becker allerdings nicht beteiligt gewesen.

Die Bundesanwälte stützen sich bei ihrer Anklage vor allem auf drei Bekennerschreiben der RAF zum Mord an Buback. Mit Hilfe neuer kriminaltechnischer Verfahren hatten Spuren nachgewiesen werden können, die von Becker stammten. Hauptbelastungszeuge der Ermittler wird der ehemalige RAF-Terrorist Peter-Jürgen Boock sein, der etliche Male von der Bundesanwaltschaft vernommen wurde.

"Der General muss weg"

Er sagte aus, deutsche Terroristen hätten im Sommer oder Herbst 1976 in einem Ausbildungslager der Terrororganisation PFLP im Jemen die grundsätzliche Entscheidung getroffen, nach der Rückkehr in die Bundesrepublik Mordanschläge gegen führende Repräsentanten des Staates, unter ihnen Buback, zu begehen. Von den in Stammheim inhaftierten Terroristen sei der Befehl gekommen: "Der General muss weg."

Die im Jemen entstandene Gruppe, zu der auch Becker zählte, dürfe sich nur als RAF bezeichnen, wenn sie einen solchen Anschlag verübe. Danach habe es Vorbereitungstreffen im Harz und in den Niederlanden gegeben. Becker habe sich stark dafür eingesetzt, die Anweisungen der in Stammheim inhaftierten Führungsmitglieder auch umzusetzen.

Beckers Anwalt Walter Venedey hat bereits angekündigt, dass er in dem bevorstehenden Prozess Freispruch für seine Mandantin fordern werde. Er stellt vor allem die Aussagen Boocks in Frage, der sich in Widersprüche verstrickt habe. Auf Antrag Venedeys hatte der dritte Strafsenat des Bundesgerichtshofs im Dezember vergangenen Jahres Beckers Haftbefehl aufgehoben. Zwar erschienen die Aussagen Boocks "inhaltlich eindeutig und plausibel", aber die "Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen" könne nur in einer Beweisaufnahme in einer Hauptverhandlung getroffen werden.

Vorwurf der Mittäterschaft

Auch die Karlsruher Richter kamen zu dem Ergebnis, dass Becker an dem Attentat selbst nicht direkt beteiligt gewesen sei. Sie gingen aber aufgrund sichergestellter handschriftlicher Notizen Beckers davon aus, dass sie über "Kenntnisse bezüglich des Anschlags" verfügt habe. Der Strafsenat befand im Dezember, dass nicht mehr, wie noch im Haftbefehl formuliert, vom Verdacht der Mittäterschaft auszugehen sei, sondern nur noch vom Verdacht der Beihilfe, bei der Becker im Fall einer Verurteilung eine deutlich geringere Strafe zu erwarten hätte. Obwohl der BGH die Revisionsinstanz ist, blieb die Bundesanwaltschaft dann doch bei dem Vorwurf der Mittäterschaft.

In dem Prozess vor dem Oberlandesgericht Stuttgart werden möglicherweise auch als geheim eingestufte Akten des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) eine Rolle spielen. Becker hatte Anfang der achtziger Jahre über RAF-Interna mit dem BfV gesprochen und war von der Behörde wie eine Aussteigerin behandelt worden. Ihr war damals absolute Vertraulichkeit zugesagt worden. Das Bundesinnenministerium hatte nach langem Gezerre einen Teil der Akten im März dieses Jahres der Anklagebehörde übermittelt.

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