Ex-RAF-Terrorist:Freigang für Klar

Christian Klar bekommt Hafterleichterung. Das Landgericht Karlsruhe entschied heute, dass der Strafvollzug des ehemaligen RAF-Terroristen deutlich gelockert werden muss. Nicht alle sind damit einverstanden.

Der frühere RAF-Terrorist Christian Klar darf das Gefängnis in Bruchsal zeitweise wieder verlassen. Das Landgericht Karlsruhe hob am Dienstag die Anweisung des baden-württembergischen Justizministers Ulrich Goll auf, die Hafterleichterungen des 54-Jährigen zu streichen, und bezeichnete die Begründung des FDP-Politikers als irrelevant.

Die Bundesregierung kündigte unterdessen an, mit Hilfe einer Kronzeugenregelung Licht in noch ungeklärte Verbrechen der Roten Armee Fraktion (RAF) zu bringen. "Klar hat einen Teilerfolg errungen", gab Goll zu, der weitere Vergünstigungen für den Häftling jedoch von einem neuen Gutachten abhängig machen möchte. Klars Anwalt Wolfgang Kaleck sagte dagegen, die Entscheidung könne "jetzt den Einstieg in ein ganz reguläres Lockerungsprogramm bedeuten".

Weil Klar unabhängig von seinem Gnadengesuch beim Bundespräsidenten nach 27 Jahren Haft die reguläre Entlassung im Januar 2009 zustünde, werden üblicherweise zwei Jahre vorher "entlassungsvorbereitende Maßnahmen" ergriffen. Dazu gehören auch Urlaube und offener Vollzug. Klar waren bereits in der Vergangenheit so genannte Ausführungen, das heißt Ausgang in Begleitung von zwei Beamten, gestattet worden. Diese Hafterleichterung kann er nun wieder in Anspruch nehmen. Das Urteil bedeutet nach den Worten Golls jedoch nicht, dass der Vollzugsplan jetzt automatisch mit weiteren Schritten bis hin zum Freigang in die Tat umgesetzt werde.

Dies würde er "nach wie vor gern von einer ergänzenden Begutachtung durch einen Sachverständigen abhängig machen", sagte Goll, der seine Position erneut mit Klars Kapitalismuskritik in einer öffentlichen Grußbotschaft begründete. In ihrer Entscheidung hatten die Richter unter anderem erklärt, durch Golls Ausführungsverbot sei Klar "in seinen Rechten verletzt" worden. Das Gericht gab ferner zu bedenken, dass bereits eine zweite Vollzugsplankonferenz im Fall Klar beschlossen hat, dem Gefangenen weitere begleitete und später auch unbegleitete Ausgänge zu gewähren. Bei dieser Konferenz sei die Grußbotschaft Klars an die Rosa-Luxemburg-Konferenz "bekannt und Gegenstand der Diskussion" gewesen.

An der Prognose, dass Klar nicht mehr gefährlich sei, habe dies nichts geändert, erklärten die Richter. Laut Verteidiger Kaleck spielen die Diskussionen um den wahren Mörder von Generalbundesanwalt Siegfried Buback in seinen häufigen Gesprächen mit seinem Mandanten keine Rolle. "Und wir glauben nicht, dass diese Zeitungsenthüllungen seit letzter Woche irgendwelche Auswirkungen auf die Lockerungen oder auf das Gnadenverfahren haben", sagte der Anwalt dem Fernsehsender N24. Der Intendant des Berliner Ensembles, Claus Peymann, hat unterdessen sein Praktikumsangebot an Klar erneuert.

Der SPD-Innenpolitiker Sebastian Edathy sagte im Südwestrundfunk (SWR), ein Gesetzentwurf für eine Kronzeugenregelung sei im Bundesjustizministerium in Arbeit. Rund zehn Jahre nach der Auflösung der Terrorgruppe sei es an der Zeit, dass die früheren RAF-Mitglieder die Wahrheit sagten und zur Aufklärung der Straftaten beitrügen. Generalbundesanwältin Monika Harms will am Mittwoch vor der Presse zu den neuen Entwicklungen im Mordfall an Generalbundesanwalt Siegfried Buback und seinen Begleitern Stellung nehmen.

Um die Haftdauer Klars und dessen Gnadengesuch bei Bundespräsident Horst Köhler ist in den vergangenen Wochen eine öffentliche Debatte entbrannt. Für die Begnadigung des Ex-Terroristen setzt sich inzwischen auch Michael Buback ein. Der Sohn des vor 30 Jahren ermordeten Generalbundesanwalts Siegfried Buback geht aufgrund von Informationen des früheren RAF-Terroristen Peter-Jürgen Boock nicht mehr davon aus, dass Klar unmittelbar an dem Anschlag auf seinen Vater und dessen Begleiter beteiligt war.

Grünen-Chefin Claudia Roth begrüßte die Entscheidung des Landgerichts: "Unser Rechtssystem basiert auf Reintegration und nicht auf Rachegelüsten." Diesen Grundsatz sollten sich "Politiker in Erinnerung rufen, die in den letzten Wochen gegen Hafterleichterungen für Christian Klar Sturm gelaufen sind", erklärte Roth in Berlin.

Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) sprach sich erneut gegen eine Begnadigung von Klar aus. Im Fernsehsender n-tv begründete er seine Haltung damit, dass Klar nichts zur Aufklärung der RAF-Verbrechen beitrage. Er sehe nicht ein, weshalb er dann begnadigt werden sollte.

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