Ex-Agent vor Gericht:Staatsanwaltschaft fordert mehr als sechs Jahre Haft für Werner Mauss

Hauptverhandlung gegen Ex-Agent Werner Mauss; Hauptverhandlung gegen Ex-Agent Werner Mauss

Ex-Agent Werner Mauss (Mitte) beim Prozessauftakt im September 2016 mit seinen Verteidigern Daniel J. Fischer (links) und Rainer Hamm (rechts).

(Foto: picture alliance / dpa)
  • Dem Ex-Agenten Werner Mauss wird Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall vorgeworfen.
  • Die Staatsanwaltschaft fordert in ihrem Plädoyer sechs Jahre und drei Monate Haft für den 77-Jährigen.
  • Mauss hatte sich während des Prozesses immer wieder in Widersprüche verstrickt.

Von Ralf Wiegand, Bochum

Im Prozess gegen Werner Mauss, dem Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall vorgeworfen wird, hat die Staatsanwaltschaft Bochum am Dienstag in ihrem Plädoyer sechs Jahre und drei Monate Haft gefordert für den heute 77-jährigen früheren Geheimagenten. Das Verfahren vor der zweiten großen Wirtschaftsstrafkammer dauert inzwischen rund ein Jahr. Es habe, so die Staatsanwaltschaft, die Vorwürfe gegen Mauss "eindrucksvoll bestätigt".

Demnach habe er unter einem erheblichen und vorsätzlichen Verschleierungsaufwand Einkünfte aus im Ausland angelegten Vermögen den deutschen Steuerbehörden verschwiegen. Das Vermögen, um das es geht, betrug in den fraglichen Jahren 2002 bis 2011 zeitweise mehr als 50 Millionen US-Dollar.

Staatsanwaltschaft zeichnet das Bild eines handfesten Wirtschaftsverbrechers

Das Bild, das die Staatsanwaltschaft von Mauss in ihrer Schlussbetrachtung zeichnet, ist das eines handfesten Wirtschaftsverbrechers. Mauss, der sich selbst zu den Guten zählt ("Ich jage Verbrecher, ich bin keiner!"), habe ein "besonders anstößiges, ausgeprägtes Streben" nach steuerlichen Vorteilen und Gewinn an den Tag gelegt. Mauss habe sich persönlich bereichert, um seinen hohen Lebensstandard zu halten, etwa Reitpferde anzuschaffen, Ferraris zu fahren, ein riesiges Anwesen zu unterhalten. Dazu habe er ein großes Lügengebäude aufgebaut.

Die Staatsanwaltschaft glaubt Mauss die Geschichte nicht, wonach westliche, ausländische Organisationen ihm 1985 in Panama einen Geheimfonds eingerichtet haben sollen. 23 Millionen Dollar seien ihm demnach damals und bis heute zur Verfügung herstellt worden; Geld, mit dem er seine Einsätze gegen das Verbrechen und für den Frieden bezahlt habe. Dieses Geld, so Mauss, gehöre also gar nicht ihm.

Taten von besonders schwerem Ausmaß

Die Staatsanwaltschaft sieht dagegen als erwiesen an, dass Mauss selbst der einzige wirtschaftlich Berechtigte des Vermögens ist und war. Er habe komplizierte Stiftungs-Übertragungen vorgenommen, dazu stets nur Barabhebungen vorgenommen, um keine Spuren zu hinterlassen. Auch die Tatsache, dass das Vermögen derzeit in Lebensversicherungen angelegt ist, mit denen alle Familienmitglieder bis weit über Mauss' Lebensende hinaus abgesichert seien, spreche dafür, dass nur er der wahre Besitzer des Geldes sei - und es daher hätte versteuern müssen.

Mauss, so die Staatsanwaltschaft, habe zwar selbst Verbrechen bekämpft und viele Straftäter zur Strecke gebracht, was sich strafmildernd auswirke. Aber in seinem eigenen Verfahren habe er wenig zur Aufklärung beigetragen. Seine Einlassung seien ihm "wie Sand zwischen den Fingern zerronnen", sagte Staatsanwalt Timo Dörfer, immer wieder habe er sich in Widersprüche verstrickt. Bis heute sei nicht einmal klar, wer den Geheimfonds mit Geld ausgestattet haben oder wie viele solcher Fonds es wirklich gegeben haben soll.

Erst am Montag war der letzte Versuch gescheitert, einen vermeintlichen Entlastungszeugen aus Israel vor Gericht zu hören, der Zeuge folgte auch einer dritten Ladung nicht. Mauss und seine Verteidiger geben dafür dem Bundeskriminalamt (BKA) die Schuld, das den Israelis mitgeteilt habe, an einer Aussage des Zeugen in Deutschland "nicht interessiert" zu sein. Der Vorsitzende Richter Markus van den Hövel dagegen glaubt, der Zeuge selbst sei nicht interessiert an einer Aussage - und schloss dieses Kapitel "wegen Nichterreichbarkeit" des ehemaligen Geheimdienstoffiziers für das deutsche Gericht.

Mauss soll etwa 14 Millionen Euro an Steuern hinterzogen haben

Mauss, der einst Terroristen aufspürte, die entführte Flick-Leiche nach Hause brachte und die verschollenen Seveso-Giftfässer fand, nahm die Forderung der Staatsanwaltschaft äußerlich regungslos zur Kenntnis. Das hohe angenommene Strafmaß kam zustande, weil jede einzelne Tat, also jede jährliche Steuerhinterziehung, eine Tat von besonders schwerem Ausmaß darstellt. Im fraglichen Zeitraum soll Mauss etwa 14 Millionen Euro an Steuern hinterzogen haben - tatsächlich bekommen hat der Fiskus von ihm in diesen zehn Jahren lediglich rund drei Millionen Euro. Auch diese hohe Differenz zwischen mutmaßlich hinterzogener und tatsächlich gezahlter Steuer wirkt strafverschärfend. Zugute hielt ihm die Staatsanwaltschaft neben seinen Verdiensten auch sein hohes Alter und die Tatsache, dass eine lange Trennung von seiner jungen Frau und seinem jüngsten Sohn sehr belastend sei.

Die Verteidigung wird ihr Plädoyer am 18. September halten, das Urteil wird noch in diesem Monat fallen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: