Europawahl:EU-Staaten beschließen Sperrklausel gegen deutsche Kleinstparteien

Martin Sonneborn, Vorsitzender der Partei "Die Partei", spricht 2013 in Berlin.

Für Kleinparteien wie die Satiriker von Martin Sonneborns "Die Partei" dürfte es ab 2024 nahezu unmöglich werden, ins EU-Parlament zu kommen.

(Foto: picture alliance / dpa)
  • Deutsche Kleinstparteien sollen spätestens von 2024 an keine Chance mehr auf einen Einzug ins Europaparlament haben.
  • Die EU-Staaten haben sich auf Initiative der Bundesregierung geeinigt, für kleine Parteien eine Sperrklausel bei der Europawahl einzuführen.
  • Von ihr dürften in Deutschland größere Parteien profitieren.

Der Bundesregierung ist es ein Dorn im Auge, dass deutsche Kleinstparteien Sitze im Europaparlament haben. Jetzt hat sie die EU-Partner von einer Wahlrechtsreform überzeugt: Deutsche Kleinstparteien wie Freie Wähler, Piraten und NPD haben künftig kaum noch Chancen auf einen Einzug ins Europäische Parlament. Auf Initiative von CDU, CSU und SPD hin einigten sich die EU-Staaten am Donnerstag in Brüssel auf die Einführung einer neuen Sperrklausel.

Sie soll dafür sorgen, dass Parteien mit einem niedrigen einstelligen Wahlergebnis keinen Sitz im Europaparlament bekommen. Die Wahlsysteme zur Europawahl unterscheiden sich von Land zu Land. Bislang ist eine Sperrklausel erlaubt, aber nicht verpflichtend. Nun soll sie verpflichtend für alle Länder sein, die mehr als 35 Sitze im Parlament haben. Ändern müssen also wohl nur Spanien und Deutschland ihre Wahlsysteme.

Eine Umsetzung schon für die Wahl 2019 würde gegen den europäischen Verhaltenskodex für Wahlen verstoßen. Diese Kodex sieht vor, dass es in den zwölf Monaten vor einer Wahl keine grundlegenden Wahlrechtsänderungen mehr geben sollte. Er ist aber nicht bindend. Hält sich die Bundesregierung trotzdem daran, würde die Sperrklausel, die zwischen zwei und fünf Prozent liegen soll, erst bei der Wahl 2024 zum Einsatz kommen.

Die größeren Parteien bekommen mehr Sitze

Neben den Piraten, den Freien Wählern und der rechten NPD könnte die geplante Änderung des EU-Wahlrechts beispielsweise die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) und die Partei des Satirikers Martin Sonneborn treffen. Sie alle hatten bei der Wahl 2014 den Einzug in Europaparlament geschafft, weil das Bundesverfassungsgericht kurz zuvor die Drei-Prozent-Hürde im deutschen Europawahlgesetz ersatzlos gestrichen hatte.

Die großen deutschen Parteien werden von der Klausel profitieren: Wenn ihretwegen weniger Parteien aus Deutschland ins Europäische Parlament einziehen, bekommen die übrigen Parteien jeweils mehr Sitze. Momentan haben Abgeordnete von Kleinstpartien sieben der 96 deutschen Sitze inne.

Eigentlich hatte die Sperrklausel bereits vor Monaten beschlossen werden sollen, um eine problemlose Einführung noch zur Europawahl im kommenden Jahr zu ermöglichen. Länder wie Belgien und Italien zögerten den Entscheidungsprozess allerdings zuletzt wochenlang hinaus. Die neue italienische Regierung aus den beiden populistischen Parteien Fünf Sterne und Lega hat dann gleich nach ihrer Vereidigung ihre Zustimmung signalisiert.

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