Europapolitik:Polen geht auf Konfrontationskurs mit Frankreich

Poland's PM Szydlo speaks during news conference in Warsaw

Polens Ministerpräsidentin Beata Szydło

(Foto: Agencja Gazeta/Slawomir Kaminski/Reuters)
  • Der französische Präsident Emmanuel Macron hat Polen vorgeworfen, europäische Werte zu verletzen.
  • Polens Ministerpräsidentin Beata Szydło wies die Kritik zurück.
  • Ein Grund für die Eskalation ist, dass Frankreich verstärkt gegen Lohndumping vorgehen will. Das würde viele Arbeitnehmer aus Polen treffen.

Von Daniel Brössler, Brüssel

Polen verschärft seinen Konfrontationskurs innerhalb der Europäischen Union und hat mit äußerster Schärfe auf Kritik des französischen Präsidenten Emmanuel Macron reagiert. "Ich empfehle dem Präsidenten, sich um die Angelegenheiten seines eigenen Landes zu kümmern. Das versetzt ihn vielleicht in die Lage, dieselben wirtschaftlichen Resultate und dasselbe Maß an Sicherheit für die Bürger zu erreichen wie in Polen", sagte die polnische Ministerpräsidentin Beata Szydło.

Macron hatte am Freitag bei einem Besuch in Bulgarien gesagt, Polen sei nicht das Land, das die Richtung vorgibt, in die Europa sich entwickelt. "Europa ist ein Raum, der auf Grundlage von Werten geschaffen wurde, und Polen verletzt sie." Dabei bezog er sich auf Verfahren gegen die Regierung in Warschau, die die EU-Kommission aus Sorge um die Rechtsstaatlichkeit in Polen eingeleitet hat.

Im nun eskalierenden polnisch-französischen Konflikt geht es aber primär um eine umstrittene Reform der EU-Entsenderichtlinie. Macron fordert Änderungen, um gegen Lohndumping vorzugehen. Die polnische Regierung lehnt dies vehement ab. Betroffen wären in erster Linie Polen, aber auch viele Arbeitnehmer aus anderen östlichen EU-Ländern.

"Loyales, solidarisches Mitglied der EU"

Auch im Streit mit der EU-Kommission über die Justizreform in Polen ließ die Regierung in Warschau keine Bereitschaft zum Einlenken erkennen. Am 26. Juli hatte die EU-Kommission eine einmonatige Frist zum Beheben einer Reihe von Missständen gesetzt, die die Regierung offenbar verstreichen lässt. Seiner Kenntnis nach sei bislang kein Schreiben aus Warschau eingegangen, sagte ein Sprecher der EU-Kommission. Es könne aber auch in den nächsten Tagen noch eintreffen. Für den Fall, dass Polen unnachgiebig bleibt, hatte die EU-Kommission mit der Einleitung eines Verfahrens gedroht, das zum Entzug des Stimmrechts führen könnte.

Polens Präsident Andrzej Duda hatte zwar zwei von vier Gesetzen der Justizreform gestoppt. Nach Ansicht der EU-Kommission gefährden aber auch die beiden in Kraft getretenen Gesetze die Rechtsstaatlichkeit und Unabhängigkeit der Justiz und verstoßen damit gegen den EU-Vertrag. Artikel 7 des Vertrages ermöglicht in einem solchen Fall den Stimmrechtsentzug.

Auf Antrag der EU-Kommission müssten allerdings zunächst alle anderen EU-Staaten feststellen, dass eine "schwerwiegende und anhaltende Verletzung" der Werte der EU vorliegt. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán hat bereits klargestellt, dass er ein Veto gegen einen solchen Beschluss einlegen würde. Gegen Polen läuft außerdem ein gewöhnliches Vertragsverletzungsverfahren, weil einzelne Punkte der Justizreform nach Ansicht der EU-Kommission gegen EU-Recht verstoßen.

Polen sei in Europa weder isoliert noch mit irgendjemandem in Konflikt, sagte Szydło im polnischen Fernsehen. "Wie alle anderen europäischen Staaten" verteidige es nur seine Rechte und Interessen. "Wir werden uns jetzt in unserer Politik nicht dem Diktat anderer unterwerfen", betonte sie. Man sei aber ein "loyales, solidarisches Mitglied der EU". Der Eindruck einer zunehmenden Isolation Polens unter seiner national-konservativen Regierung hatte sich in den vergangenen Monaten stetig verstärkt. So scheiterte Szydło im März mit dem Versuch, die zweite Amtszeit des aus Polen stammenden EU-Ratspräsidenten Donald Tusk zu verhindern. Im Kreis der Staats- und Regierungschefs stand sie mit diesem Vorhaben allein. Im Mai unterstützte im EU-Ministerrat überdies eine große Mehrheit der Staaten die EU-Kommission im Konflikt mit Polen. Reparationsforderungen haben zuletzt auch das Verhältnis zu Deutschland weiter belastet.

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