Europäische Zentralbank:EZB will Politik des lockeren Geldes aufgeben

Im Dezember soll der umstrittene Ankauf von Staatsanleihen enden. Aber der Ausstieg geschieht nur unter Vorbehalt.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Die Europäische Zentralbank hat beschlossen, ihre lockere Geldpolitik zu straffen. Das in Deutschland umstrittene Anleihekaufprogramm, über das in den letzten drei Jahren 2,6 Billionen Euro in die Finanzmärkte geflossen sind, soll im Dezember auslaufen. Damit schließen die Währungshüter erstmals seit Beginn der Finanzkrise 2008 ihre Geldschleusen.

Doch es ist ein Ausstieg unter Vorbehalt. "Wir haben diese Entscheidung zu einem Zeitpunkt getroffen, da die geopolitische Unsicherheit zunimmt", sagte EZB-Präsident Mario Draghi am Donnerstag nach der Sitzung des obersten Notenbankgremiums in der lettischen Hauptstadt Riga. Das Wachstum in der Euro-Zone sei stark, doch man wolle die Risiken nicht herunterspielen. Die EZB werde die lockere Geldpolitik fortsetzen, wenn sich die wirtschaftliche Situation verschlechtere. Deshalb soll auch der Leitzins, der seit zwei Jahren bei null Prozent liegt, noch bis mindestens Sommer 2019 auf diesem Niveau bleiben. "Einen genauen Zeitpunkt für eine Zinserhöhung haben wir nicht diskutiert", sagte der Notenbankchef.

Draghi gilt als vorsichtig. Er hat die Entscheidung zum Ausstieg immer wieder vertagt, obwohl Europas Wirtschaft so stark wächst wie seit zehn Jahren nicht mehr. Die EZB pumpt heute mehr Geld in die Wirtschaft als in den schlimmsten Krisenjahren. Bundesbankpräsident Jens Weidmann, der als Nachfolger von Draghi gehandelt wird, fordert schon lange eine Ende der Anleihekäufe. In den letzten Wochen haben sich immer mehr Notenbanker im EZB-Rat seiner Meinung angeschlossen. Dieser mehrheitliche Stimmungswandel im Gremium machte den Weg frei für den Richtungswechsel.

Der Ausstieg braucht Zeit. Die EZB will von nächstem Jahr an keine zusätzlichen Schuldscheine mehr kaufen. Allerdings wird sie alle auslaufenden Anleihen in ihrem Besitz ersetzen. Das bedeutet: Wenn eine Anleihe vom Schuldner getilgt wird, dann steckt die EZB den Erlös in einen neuen Schuldschein. So untermauert die Notenbank ihre dominante Rolle im Markt und verhindert einen starken Zinsanstieg. Die Finanzmärkte sollen vorsichtig vom billigen Geld entwöhnt werden. "Selbst wenn die EZB die Anleihenkäufe zum Jahresende beendet, bleibt die Geldpolitik sehr expansiv", sagte die Wirtschaftsweise Isabel Schnabel.

Sparer müssen auch künftig mit niedrigen Zinserträgen auf Konten und an den Anleihemärkten rechnen. Die Immobilienfinanzierungen dürften etwas teurer werden, doch im historischen Vergleich bleiben sie günstig. Die lockere Geldpolitik hat die Aktienmärkte auf neue Rekordstände getrieben. Manche Experten warnen dort und am Immobilienmarkt vor einer Preisblase.

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