Europäische Union:Zähe Brexit-Runde

Europäische Union: EU-Chefunterhändler Barnier.

EU-Chefunterhändler Barnier.

(Foto: Thierry Charlier/AFP)

Brüssel verlangt von London "Klarstellungen" in drei zentralen Fragen. Noch immer überwiegt das gegenseitige Unverständnis.

Von Thomas Kirchner, Brüssel

Die Verhandlungen über den Austritt Großbritanniens aus der EU verlaufen weiterhin zäh und vorerst ohne greifbare Ergebnisse. In allen für die EU wesentlichen Punkten gebe es noch Differenzen, sagte EU-Chefunterhändler Michel Barnier als Fazit der zweiten Gesprächsrunde, die am Montag begonnen und am Donnerstag geendet hatte. Barnier verlangte von London bis Ende August "Klarstellungen" zu den künftigen Rechten der EU-Bürger in Großbritannien, den Milliardenforderungen der EU wegen des Austritts und der Stellung Nordirlands.

Der britische Brexit-Minister David Davis sagte, die Runde habe "eine Menge gebracht, das wir positiv sehen". Er sprach von "robusten und konstruktiven Gesprächen". Davis, der mit einer Delegation von 98 Mitarbeitern nach Brüssel gereist war, lobte insbesondere "eine gute Diskussion" zum künftigen Status der britischen Provinz Nordirland. Er sei "ermutigt" von den Fortschritten beim Versuch, die gegenseitigen Positionen zu verstehen. Es bleibe insgesamt aber noch viel zu besprechen.

Die Brexit-Verhandlungen sollen einen möglichst reibungslosen Austritt Großbritanniens aus der EU im März 2019 ermöglichen. Am Ende soll ein Austrittsabkommen stehen. Die nächste Verhandlungsrunde ist ab dem 28. August angesetzt. Die EU will mit London erst über die künftigen Beziehungen wie ein mögliches Handelsabkommen sprechen, wenn wesentliche Austrittsfragen weitgehend geklärt sind. In der ersten Runde im Juni sei es um die "Organisation" der Verhandlungen gegangen, sagte Barnier, in der jetzigen darum, die "Standpunkte darzulegen", und nun müssten "Klärungen" folgen. Die vergangene Woche habe gezeigt, dass man dann besser vorankomme.

Dem französischen Diplomaten zufolge bestehen weiterhin "grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten" in der Frage, ob der Europäische Gerichtshof nach dem Brexit die Einhaltung der Rechte der etwa 3,2 Millionen EU-Bürger in Großbritannien überprüfen soll. London lehnt das bisher kategorisch ab, während wiederum Barnier den Eindruck erweckte, als sei diese EU-Forderung nicht verhandelbar. Meinungsverschiedenheiten blieben etwa bei der Frage der Mitnahme von Sozialleistungen oder bei den Rechten von Familienmitgliedern. Die britische Regierung müsse zudem eine Position einnehmen, was ihre finanziellen Verpflichtungen gegenüber der EU betrifft, sagte Barnier. In Brüssel werden Forderungen an London zwischen 40 und 100 Milliarden Euro genannt. "Wir wollen einen geordneten Austritt. Und ein geordneter Austritt verlangt, dass Großbritannien seine Rechnungen bezahlt."

In diesem Punkt gibt es bisher nur eine minimale Übereinkunft. Sie besteht darin, dass auch die Briten anerkennen, dass sich aus dem Austritt "Verpflichtungen" ergeben. Die EU präsentierte der Gegenseite dazu eine rechtliche Analyse, und Barnier legte der britischen Regierung nahe, dies ebenfalls zu tun. Erst danach könnte konkret über Summen geredet werden. Dieses grundsätzliche Problem lasse sich auch nicht "in kleinen Schritten" lösen. Großbritannien scheint in dieser Hinsicht noch ganz anderer Ansicht zu sein. Davis weigerte sich ausdrücklich anzuerkennen, dass sein Land am Ende überhaupt eine Nettozahlung an die EU leisten müsse.

Barnier sagte, aus Sicht der EU gebe es zum jetzigen Zeitpunkt noch keinerlei Grund, Konzessionen zu machen. Irgendwann werde das nötig sein, "aber so weit sind wir noch nicht". Erst müsse ein "umfassendes Bild" vorliegen. Die britische Entscheidung, die EU zu verlassen, sei eine sehr ernsthafte Sache mit schweren Konsequenzen.

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