Europäische Union:Juncker will den Euro für die gesamte EU

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Der Kommissionspräsident möchte, dass alle Länder die Gemeinschaftswährung einführen und dem Schengen-Raum beitreten. Damit stellt er sich gegen die Regierungen in Berlin und Paris.

Von Daniel Brössler, Straßburg

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker will den Brexit nutzen, um die Zersplitterung der Europäischen Union zu stoppen. Er hoffe darauf, dass die Mitgliedschaft in der Euro-Zone, dem Schengen-Raum und der Bankenunion von 30. März 2019 an in der EU "zur Norm" werde, sagte Juncker am Mittwoch in einer Rede zur Lage der Union vor dem EU-Parlament. An diesem Tag wird der Austritt Großbritanniens wirksam.

"Wenn wir wollen, dass der Euro unseren Kontinent mehr eint als spaltet, dann sollte er mehr sein als die Währung einer ausgewählten Ländergruppe", forderte Juncker. Der Euro sei "dazu bestimmt, die einheitliche Währung der Europäischen Union als Ganzes zu sein". Derzeit wird in 19 der 28 EU-Länder mit dem Euro bezahlt. Mit Ausnahme Großbritanniens und Dänemarks verpflichtet der EU-Vertrag alle Mitglieder zu seiner Einführung. Nach Junckers Willen soll ein "Euro-Beitrittsinstrument" technische und "manchmal auch finanzielle Heranführungshilfen" bieten. Allerdings lehnen etwa Tschechien und Polen die Einführung eher aus politischen Gründen ab.

Auch das grenzenlose Reisen soll nach Junckers Willen in der ganzen EU Wirklichkeit werden. "Wenn wir den Schutz unserer Außengrenzen verstärken wollen, dann müssen wir Rumänien und Bulgarien unverzüglich den Schengen-Raum öffnen", verlangte er. Bisher sperren sich Frankreich, aber auch Deutschland gegen diese Öffnung, obwohl beide osteuropäischen Länder die Kriterien formal erfüllen. Zum Schengen-Raum gehören 26 Staaten, unter ihnen vier Nicht-EU-Länder.

Mit seinem Vorstoß konterkariert Juncker die Pläne des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der für eine EU der unterschiedlichen Geschwindigkeiten plädiert, in der einzelne Staaten in bestimmten Bereichen voranschreiten. Ähnlich hat sich in der Vergangenheit auch Bundeskanzlerin Angela Merkel geäußert. Juncker verfolgt stattdessen die Vision einer Union, in der weitere Integrationsschritte gemeinsam gegangen werden. "Europa ist nicht dazu geschaffen stillzustehen. Es darf das nie tun", sagte er. Der Binnenmarkt, Schengen und die gemeinsame Währung seien ursprünglich auch als Luftschlösser abgetan worden.

Dem Luxemburger schweben grundlegende Änderungen in der Struktur der EU vor. So plädierte er für die Berufung eines Präsidenten, der sowohl die Kommission führt als auch den Rat der Mitgliedstaaten. Benötigt werde außerdem ein europäischer Wirtschafts- und Finanzminister, "der positive Strukturreformen in unseren Mitgliedstaaten fördert und unterstützt". Diese Aufgabe solle ein Vizepräsident der EU-Kommission übernehmen, der zugleich als Chef der Euro-Gruppe fungiere. Reformieren will Juncker auch die Entscheidungsprozesse in der EU. So sollen häufiger Mehrheitsbeschlüsse möglich werden. Bislang ist vielfach, etwa in allen außenpolitischen Fragen, Einstimmigkeit nötig. Eine EU-Mitgliedschaft der Türkei in "absehbarer Zeit" schloss Juncker aus. Für die Länder des westlichen Balkans forderte er eine "glaubhafte Erweiterungsperspektive".

© SZ vom 14.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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