Europäische Union:Blaue Briefe aus Brüssel

Die EU-Kommission legt einen Bericht zur Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen in der Flüchtlingskrise vor. Insbesondere bei der schleppenden Verteilung der Ankommenden will sie Druck machen.

Von Daniel Brössler, Brüssel

Die Europäische Union besteht auf der bereits beschlossenen Umverteilung von Flüchtlingen innerhalb der Europäischen Union. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung wird die EU-Kommission an diesem Mittwoch "blaue Briefe" in zahlreiche Hauptstädte schicken und die Umsetzung der beschlossenen Umverteilung von 160 000 Flüchtlingen anmahnen. Bisher sind nur knapp 500 Flüchtlinge aus Italien und Griechenland weiterverteilt worden.

Fortschritte habe man vor allem bei der Registrierung von Neuankömmlingen gemacht

In einem Bericht, den die Kommission ebenfalls an diesem Mittwoch vorlegen wird, ist von ersten Fortschritten beim besseren Management der Krise die Rede. Seit der letzten Bestandsaufnahme vor zwei Monaten sei "einiger Fortschritt" zu verzeichnen. "Tatsache bleibt allerdings, dass mehrere Zeitvorgaben und viele Zusagen nicht eingehalten wurden", beklagt die Kommission. Fortschritte sind demnach bei der Registrierung der Fingerabdrücke ankommender Flüchtlinge gemacht worden. Während im September 2015 in Griechenland nur in acht Prozent der Fälle die Fingerabdrücke in die EU-Datenbank Eurodac eingegeben worden seien, habe der Wert im Januar 2016 bei 55 Prozent gelegen. In Italien sei er von 36 auf 67 Prozent im selben Zeitraum gestiegen. Bisher hätten die Mitgliedstaaten die Bitte nach zusätzlichen Experten noch nicht voll erfüllt. Die Grenzschutzagentur Frontex habe von 1112 angeforderten Beamten 706 erhalten. Bei der EU-Asylagentur EASO seien es 241 statt der erbetenen 374.

Eine Woche vor dem nächsten EU-Gipfel, der wieder stark von der Flüchtlingskrise geprägt sein wird, verlangt die EU-Kommission in dem Bericht von den Transitstaaten "ein Ende des Durchwinkens". "Menschen, die in der Europäischen Union ankommen, sollen wissen, dass sie Schutz, auf den sie Anspruch haben, erhalten. Es ist aber nicht ihre Entscheidung, wo sie ihn enthalten." Menschen ohne Schutzanspruch müssten konsequent zurückgeschickt werden. "Massiv beschleunigt" werden müsse endlich die Umverteilung von in Italien und Griechenland ankommenden Flüchtlingen in die anderen EU-Staaten. Die EU-Kommission habe dafür 640 Millionen Euro bereitgestellt. Als Erfolg lobt die EU-Kommission die Operation Sophia im Mittelmeer, die Schleusern das Handwerk legen soll. Durch den Einsatz der Marine seien 9000 Menschenleben gerettet worden.

Unterdessen wurde bekannt, dass im vergangenen Jahr 37 220 ausreisepflichtige Ausländer freiwillig die Bundesrepublik verlassen haben. 87 Prozent von ihnen (32 494) seien Bürger der Westbalkanstaaten gewesen, berichtet die Welt unter Berufung auf eine Aufstellung des Bundesinnenministeriums. Auch unter den Abgeschobenen bildeten diese Staatsbürger die größte Gruppe, wie Zahlen aus einzelnen Bundesländern belegten. Die Bundesregierung hatte 2015 Albanien, Kosovo und Montenegro als "sichere Herkunftsländer" eingestuft, sodass Asylbewerber von dort schneller in ihre Heimat zurückgeschickt werden können.

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