Europäische Kommission:Merkel will Juncker als EU-Kommissionspräsident

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Jetzt also doch: Nach längerem Zögern hat sich Angela Merkel für Jean-Claude Juncker als EU-Kommissionspräsidenten ausgesprochen

(Foto: AFP)

Überraschung auf dem Katholikentag: Angela Merkel macht sich für die Kür von Jean-Claude Juncker zum Präsidenten der EU-Kommission stark. Bisher hatte sich die Kanzlerin in der Personalfrage nicht festgelegt. Die SPD begrüßt den Kurswechsel.

Nach scharfer Kritik an ihrem anfänglichen Zögern hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel für den Europawahl-Sieger Jean-Claude Juncker als neuen EU-Kommissionspräsidenten ausgesprochen. Die Europäische Volkspartei (EVP) mit dem luxemburgischen Christsozialen als Spitzenkandidaten sei aus der Wahl als stärkste Kraft hervorgegangen, sagte Merkel auf dem Katholikentag in Regensburg. "Deshalb führe ich jetzt alle Gespräche genau in diesem Geiste, dass Jean-Claude Juncker auch Präsident der Europäischen Kommission werden sollte."

Die SPD hat die Festlegung der Kanzlerin auf Juncker begrüßt. "Gut, dass der öffentliche Druck Merkel zur Kurskorrektur gezwungen hat", sagte Generalsekretärin Yasmin Fahimi in Berlin. "Alles andere wäre auch Wählertäuschung gewesen."

Bisher hatte Merkel eine ausdrückliche Festlegung auf den früheren luxemburgischen Ministerpräsidenten vermieden. Das war beim Koalitionspartner SPD, aber auch in ihren eigenen Reihen auf massive Kritik gestoßen. In Medien wurde Merkels Vorgehen sogar als "dumm" bezeichnet. Die Kanzlerin wurde vor Wählerbetrug gewarnt, weil im Wahlkampf betont worden war, dass einer der beiden europaweiten Spitzenkandidaten - Juncker oder der Sozialdemokrat Martin Schulz - auch Kommissionspräsident werde.

Die Fraktionsspitzen des EU-Parlaments hatten sich bereits am vergangenen Dienstag mehrheitlich für Juncker ausgesprochen. Die Regierungschefs aus Großbritannien, Ungarn, Schweden und den Niederlanden hatten aber Bedenken gegen eine schnelle Festlegung auf den Christsozialen. Die 28 Staatenlenker setzten den Ratsvorsitzenden Herman Van Rompuy als Vermittler ein, um mit dem Europaparlament und den Regierungsvertretern über die Toppersonalie zu verhandeln.

Der EU-Kommissionspräsident ist nur einer von mehreren Spitzenposten auf EU-Ebene. Dazu gehören der EU-Ratsvorsitzende, der die EU-Gipfel leitet, der EU-Außenbeauftragte und möglicherweise auch ein hauptamtlicher Chef der Euro-Finanzminister. Nächste absehbare Etappe im Postenpoker dürfte der Gipfel am 26. und 27. Juni sein. Das Parlament muss dem Kandidaten mit absoluter Mehrheit zustimmen. Das kann frühestens Mitte Juli passieren.

Die Kommission ist die Brüsseler Machtzentrale, denn nur sie kann EU-Gesetze vorschlagen. Das Mandat von Behördenchef José Manuel Barroso aus Portugal läuft Ende Oktober aus. Die Konservativen wurden bei den Europawahlen am Sonntag die stärkste Kraft mit 213 Sitzen im Parlament. Die Sozialdemokraten landeten auf Platz zwei mit 191 Sitzen.

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