Europäische Ausländerpolitik:"Um Asyl zu bitten, ist kein Verbrechen"

EU-Parlament und EU-Kommission befassen sich in dieser Woche mit neuen Regeln für eine gemeinsame Asylpolitik. Menschenrechtler betrachten das mit Misstrauen.

Noch bevor das Europa-Parlament an diesem Mittwoch über die umstrittene Abschiebe-Richtlinie entscheidet, will die EU-Kommission die zweite Stufe der gemeinsamen Asylpolitik betreten.

Europäische Ausländerpolitik: Sollte sich die umstrittene EU-Richtlinie der Migrationspolitik durchsetzen, verbringen Asylsuchende bis zu 18 Monate in Abschiebehaft.

Sollte sich die umstrittene EU-Richtlinie der Migrationspolitik durchsetzen, verbringen Asylsuchende bis zu 18 Monate in Abschiebehaft.

(Foto: Foto: AP)

Menschenrechtler betrachten das Tun mit Argwohn - und fürchten Schlimmes vom angekündigten "Pakt zu Einwanderung und Asyl" der französischen EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr.

Die Pläne der Kommission zielen auf einheitliche Regeln für die Anerkennung von Asylsuchenden. Bisher haben beispielsweise Bewerber aus Tschetschenien kaum eine Chance auf Anerkennung in der Slowakei, finden aber in den meisten Fällen Schutz in Österreich. Die Brüsseler Behörde will die Verfahren angleichen. Helfen soll dabei unter anderem ein EU-Büro, das die Kommission mit "allen Formen der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten" betrauen möchte.

Parallel zu den Asylplänen will EU-Justizkommissar Jacques Barrot an diesem Dienstag ein Strategiepapier vorlegen, das von legaler Einwanderung über Schwarzarbeit und Schlepperbanden bis hin zum Grenzschutz zahlreiche Aspekte der Migrationspolitik abdecken soll.

Einerseits spricht Barrots Behörde von den Lasten der Einwanderung, die gerecht verteilt werden müssten. Andererseits betont sie, dass Europa wegen seiner alternden Bevölkerung Zuwanderer brauche.

Die Europa-Abgeordneten betreten unterdessen Neuland. Zum ersten Mal müssen sie aufgrund einer neuen Rechtslage über eine europäische Richtlinie in der Migrationspolitik entscheiden. Der Druck ist groß: Menschenrechtler von Amnesty International über kirchliche Gruppen bis zum Europäischen Rat für Flüchtlinge und Exilanten (ECRE) mit seinen 65 Mitgliedsorganisationen haben die Abgeordneten aufgefordert, die Abschiebe-Richtlinie abzulehnen.

Vor allem drei Punkte des Gesetzentwurfs haben Kritik geweckt: die Dauer der Abschiebehaft von bis zu 18 Monaten, ein Verbot der Wiedereinreise und strenge Regeln für Familien. "Um Asyl zu bitten ist kein Verbrechen", betont ECRE-Generalsekretär Bjarte Vandvik. ECRE und Amnesty International warnen aber davor, dass die Richtlinie die Grundrechte der Betroffenen stark einschränken würde

Für Deutschland änderten die geplanten EU-Vorgaben wenig, meint Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU). Die meisten Länder sehen bisher jedoch eine deutlich kürzere Abschiebehaft vor. Sie könnten ihre Regeln verschärfen, fürchten die Kritiker. Kommissar Barrot hält ihnen entgegen, dass mehrere Länder bisher keinerlei Höchstdauer kennen. Nach Parlamentsangaben sind dies Dänemark, Estland, Finnland, Großbritannien, Litauen, die Niederlande und Schweden.

Für die Europa-Abgeordneten wird die Abstimmung am Mittwoch zur Gewissensentscheidung. "Als das Parlament in der Migrationspolitik noch nichts zu sagen hatte, haben die Abgeordneten immer die Menschen- und Grundrechte hochgehalten", erinnert eine ECRE- Mitarbeiterin in Brüssel. "Nun bitten die Nichtregierungsorganisationen darum, dass die Parlamentarier diese Tradition fortsetzen."

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