Europa:Berlin will den EU-Haushalt stärken

Von Cerstin Gammelin

Freundlich, aber distanziert ist das Verhältnis der meisten Deutschen zu Europa. Eine mögliche neue große Koalition will diese Distanz kleiner werden lassen. Für junge Leute soll freies und mobiles Reisen selbstverständlich bleiben, ebenso das Lernen fremder Sprachen, was extra gefördert werden soll mittels des Jugendaustausches über Programme wie Erasmus. Alle Bürger sind aufgerufen, sich aktiv an einer Debatte über die Zukunft der Europäischen Union zu beteiligen - die mögliche Koalition wird dazu einen bundesweiten öffentlichen Dialog starten. Die Gemeinschaft solle bürgernäher und transparenter werden, heißt es in der Vereinbarung. Kein Wort verlieren die angehenden Partner darüber, ob es bei den Europawahlen 2019 Spitzenkandidaten der Parteienfamilien oder gemeinsame Listen geben soll.

Neben dem traditionellen Bekenntnis zur deutsch-französischen Freundschaft hebt die Koalition die "besondere Bedeutung" der deutsch-polnischen Partnerschaft hervor. Man habe nicht vergessen, dass Polen und Ungarn den Grundstein für die europäische und deutsche Wiedervereinigung gelegt hätten, schreiben die angehenden Koalitionäre. Zuletzt hatten sich die östlichen Mitgliedstaaten stärker von den westlichen Gründungstaaten separiert, diese Tendenz soll gestoppt werden. Unter anderem ist vorgesehen, die Zusammenarbeit mit Frankreich und Polen im Weimarer Dreieck auszubauen.

Bezüglich der von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron angeregten Euro-Reformen geben sich die möglichen Koalitionäre grundsätzlich verhandlungsbereit - ohne jedoch konkrete Vorschläge zu machen. Man befürworte "spezifische Haushaltsmittel", mit denen Euro-Länder wirtschaftlich stabilisiert und Strukturreformen in der Euro-Zone vorangetrieben werden können; daraus könnte ein "Investivhaushalt für die Euro-Zone" entstehen. Berlin sei zu höheren Beiträgen an den EU-Haushalt bereit, heißt es. Eine Summe wird nicht genannt. Auf andere Forderungen Macrons wie die nach einem Euro-Finanzminister gehen die Autoren nicht ein. Einig sind sie sich, den Euro-Rettungsfonds ESM zu einem "parlamentarisch kontrollierten Europäischen Währungsfonds" auszubauen, der im Unionsrecht verankert wird. Der Bundestag soll wie bisher einbezogen werden.

Eine schnelle Erweiterung der Europäischen Union soll es nicht geben

Mit Blick auf die von der US-Administration verfügte drastische Steuersenkung für Firmen soll der Standort Europa attraktiver gemacht und deshalb nochmals versucht werden, die Besteuerung von Firmen europaweit abzustimmen. Man unterstütze die gemeinsame, konsolidierte Bemessungsgrundlage und Mindestsätze für Unternehmensteuern. "Wir wollen mit Frankreich hierfür eine Initiative ergreifen, auch um eine europäische Antwort auf internationale Veränderungen und Herausforderungen in diesem Bereich, nicht zuletzt in den USA, zu geben". CDU, CSU und SPD grenzen sich von der US-Regierung unter Präsident Donald Trump ab. Globale Herausforderungen brauchten europäische Antworten. "Wir sind uns einig in der klaren Absage an Protektionismus, Isolationismus und Nationalismus". Nötig sei mehr und nicht weniger internationale Kooperation.

Eine schnelle Erweiterung soll es nicht geben. Die EU-Erweiterungspolitik bleibe wichtig, die EU müsse aber "durch innere Reformen ihre Handlungsfähigkeit sicherstellen". Die Annäherung der Staaten des westlichen Balkans werde unterstützt, Voraussetzung sei aber, "dass die Staaten der Region die dafür vorgesehenen Kriterien vollständig erfüllen".

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