"Eurofighter"-Deal mit Österreich:Schmutziger als ein Kinderpopo

Eine Scheinfirma, undurchsichtige Geldflüsse - die Korruptionsgerüchte um den "Eurofighter"-Deal mit Österreich und dem Hersteller EADS beschäftigt derzeit die österreichische Justiz. Auf die Spur brachte sie ein Politiker.

Cathrin Kahlweit, Wien

Seine Kritiker vergleichen ihn gern mit dem Riesen-Waran aus dem neuen James-Bond-Film: Der fällt seine Gegner gerne hinterrücks an und lässt ihnen keine Chance. Aber auch Menschen, die den grünen Nationalratsabgeordneten Peter Pilz für größenwahnsinnig oder eitel halten, geben in der Regel zu: Der Politiker ist ein engagierter Korruptionsbekämpfer und versteht sein politisches Geschäft. Sein jüngster Erfolg: Der Grüne hat viel dazu beigetragen, dass der Kauf von (letztlich) 15 Eurofightern für das Bundesheer erneut beleuchtet wird und dass es den Staatsanwaltschaften in Rom, München und Wien gelingen könnte, das Dickicht aus Geldflüssen, Scheingeschäften und gesichtslosen Brokern zu lichten, das sie hinter dem Deal vermuten.

Schon im Herbst 2002, lange vor Vertragsunterzeichnung, musste Eurofighter-Hersteller EADS erste Korruptionsgerüchte dementieren; man sei "sauberer als ein Kinderpopo", hieß es damals aus München. Die Regierung in Wien warb für das Projekt vor allem mit der Begründung, der Kaufpreis werde mehr als wettgemacht durch sogenannte Kompensationsgeschäfte; das sind vom Anbieter organisierte Einzelgeschäfte mit Unternehmen des Auftraggeberlandes. In diesem Fall sollten sie etwa das Doppelte des Preises betragen. Schon damals witzelten Zyniker, wenn es nur um Gegengeschäfte gehe bei der Entscheidung, dann könne man ja Jets für vier Milliarden kaufen und von den acht Milliarden, die dafür rechnerisch ins Land fließen müssten, den Arbeitsmarkt sanieren.

Berge von Akten

Weil die Zweifel nicht verstummten, wurde 2006/2007 ein erster Untersuchungsausschuss zum Eurofighter im Wiener Parlament eingesetzt, der die "Vorbereitung zur Grundsatzentscheidung zur Nachbeschaffung von Abfangjägern", alternative Angebote, mögliche Einflussnahmen und Gegengeschäfte prüfen sollte. Schon damals fiel der Firmenname Vector Aerospace - mittlerweile einer der Schlüssel der Affäre. Ein Italiener namens Gianfranco Lande nämlich, der der italienischen Justiz ins Netz ging, erzählte freimütig, er habe Vector im Auftrag der EADS gegründet, um über ein Netz von Briefkastenfirmen Provisionen zu verteilen.

Tatsächlich hatten einige dieser Firmen, die angeblich als "Broker" Offset-Geschäfte organisieren sollten, keine Angestellten. Derzeit wird die Gegengeschäftsliste daraufhin geprüft, wie viele womöglich fingierte Aufträge darin enthalten sind. Die Ermittler vermuten auch, dass zahlreiche Geschäftsabschlüsse, die ohnehin stattgefunden hätten, mit zusätzlichem EADS-Geld als Dankeschön ihren Weg auf die Liste gefunden haben.

Hausdurchsuchungen haben Berge von Akten zutage gefördert, die Auswertung wird dauern. Mehrere Staatsanwaltschaften ermitteln nun grenzübergreifend wegen des Verdachts, "dass bei einigen Gegengeschäften über operativ nicht tätige Offshore-Gesellschaften im Wege von Scheinverträgen Provisions- und Schmiergeldzahlungen geleistet" wurden. Vector soll mindestens 80 Millionen zur gefälligen Verteilung in Österreich erhalten haben, die Wiener Ermittler gehen sogar von mehr als der doppelten Summe aus. Bundespräsident Heinz Fischer zeigt sich angesichts der Affäre gedämpft optimistisch: "Ich bin mir sicher, dass Waffenkäufe in Österreich in Zukunft mit besonderer Penibilität geprüft werden."

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