Griechenland: Regierung gewinnt Vertrauensvotum:Etappensieg für Papandreou - Europa atmet auf

"Gute Nachricht für Griechenland und Europa": EU-Kommissionspräsident Barroso begrüßt das Vertrauensvotum der griechischen Parlamentarier für ihre Regierung. Auch Kanzlerin Merkel zeigt sich optimistisch. Eine Mehrheit der Abgeordneten hatte sich in der Nacht hinter Ministerpräsident Papandreou gestellt - und damit auch hinter sein drastisches Sparprogramm. Aber die nächste Hürde auf dem Weg zu neuen Milliardenhilfen ist schon in Sicht.

Die griechische Regierung hat die befürchtete Eskalation der Schuldenkrise in der Nacht zum Mittwoch abwenden können. Premierminister Giorgos Papandreou gewann kurz nach Mitternacht eine Vertrauensabstimmung. Bei einer Niederlage wäre Griechenland kurz vor dem Bankrott gestanden. Für Papandreou stimmten alle 155 Abgeordneten seiner Pasok, 143 Parlamentarier der Opposition votierten gegen ihn. Zwei unabhängige Abgeordnete nahmen nicht an der Abstimmung teil.

Confidence vote debate at the Greek Parliament in Athens

Erleichterung bei Ministerpräsident George Papandreou (rechts) und Finanzminister Evangelos Venizelos: Die Mehrheit der griechischen Parlamentarier hat der Regierung das Vertrauen ausgesprochen. 

(Foto: dpa)

Der drohende Bankrott des Landes ist damit allerdings nur für kurze Zeit abgewendet. Die nächste Hürde, die der Premierminister nehmen muss, ist die Abstimmung über das neue Sparpaket, die für den 30. Juni angesetzt ist. "Wir selbst müssen unser Haus in Ordnung bringen", sagte Papandreou in einem dramatischen Appell kurz vor der Abstimmung. "Wenn wir diese letzte Chance nicht ergreifen, wird die Geschichte uns verdammen."

Die Europäische Union (EU) und der Internationale Währungsfonds (IWF), die Kreditgeber Athens, hatten klargestellt, dass Athen nur dann weitere Kredite erhält, wenn die Sparmaßnahmen Ende Juni verabschiedet werden. Es geht um neue Einsparungen in Höhe von 28 Milliarden Euro bis zum Jahr 2015 sowie um die Privatisierung von Staatsbesitz in Höhe von etwa 50 Milliarden Euro. Die Eurogruppe wird sich am 3. Juli erneut treffen, um dann zu entscheiden, ob die fünfte Tranche der alten Notkredite in Höhe von zwölf Milliarden Euro ausgezahlt wird. Ohne das Geld wäre Griechenland noch im Juli zahlungsunfähig.

Zudem machten EU und IWF erneut klar, dass sie sich nächste Woche die Zustimmung auch der Opposition zu dem Paket wünschten. Jedoch lehnt Antonis Samaras, Vorsitzender der konservativen ND, das Sparpaket bisher ab. In einem Schritt, den Beobachter als Annäherung an die Regierung interpretiert hatten, war er am Dienstagmorgen vom neuen Finanzminister Evangelos Venizelos über dessen Gespräche mit seinen EU-Kollegen informiert worden. Doch betonte Samaras am Dienstagabend erneut seine ablehnende Haltung zum Sparvorhaben. Das Programm "wird nicht funktionieren", sagte er bei einer Parlamentsdebatte vor der Vertrauensfrage.

Christos Staikouras, ebenfalls Abgeordneter der ND, sagte am Dienstag der Süddeutschen Zeitung: "Wir werden das Sparpaket nächste Woche ablehnen." Es enthalte zu viele Maßnahmen, die die Erholung der Wirtschaft erstickten.

Erleichterung bei Barroso

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso wertete das Vertrauensvotum des griechischen Parlaments als "gute Nachricht für Griechenland und die Europäische Union". Mit dem Votum für Papandreou sei "ein Element der Unsicherheit aus einer ohnehin schwierigen Situation" entfernt worden. Nun könne sich der griechische Premier ganz darauf konzentrieren, Unterstützung für sein ehrgeiziges Sparpaket zu sammeln.

Um Papandreou Rückendeckung zu geben, hatte Barroso am Dienstag ein Konjunkturprogramm für Griechenland aus EU-Mitteln gefordert. Mit einer Milliarde Euro aus dem EU-Haushalt sollten die Arbeitslosigkeit bekämpft und die Unternehmen des Landes gestärkt werden, sagte Barroso in Brüssel. Die Mittel dafür seien im laufenden EU-Haushalt vorhanden, denn es sei möglich "einen bedeutenden Beitrag" aus dem Fonds für Strukturpolitik zu entnehmen.

Seinen Vorschlag hatte Barroso nach einem kurzfristig anberaumten Treffen mit Papandreou vorgelegt. Um über die dramatische Lage in Griechenland zu informieren, war Papandreou noch am Montagabend nach Brüssel gereist. Für die Umsetzung seines Plans braucht Barroso noch die Zustimmung der 27 europäischen Staats- und Regierungschefs. Bereits an diesem Donnerstag könnte dazu eine Entscheidung fallen. Dann beginnt das nächste EU-Gipfeltreffen. Sollten die Chefs aller 27 EU-Mitglieder zustimmen, könnte das Geld zügig ausgezahlt werden. Es würde Griechenland zusätzlich zu den Tranchen aus dem bestehenden 110-Milliarden-Euro-Paket, mit dem die Zahlungsfähigkeit des Landes gesichert werden soll, überwiesen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich optimistisch, dass Griechenland noch gerettet werden kann. "Wir werden alles tun, dass der Euro als Ganzes stabil bleibt", sagte die CDU-Politikerin in Warschau. Deutschland sei zur Solidarität mit Griechenland bereit, wenn Athen die geforderten Einsparungen beschließe.

Für einen Schuldenerlass für Griechenland hat sich Oskar Lafontaine ausgesprochen. "Der Schuldenschnitt muss aber europaweit und geordnet vor sich gehen", sagte der Fraktionschef der Linken im Saarland. Der frühere SPD-Finanzminister Peer Steinbrück hatte zuvor dafür plädiert, einen Schuldenerlass und Investitionshilfen für Griechenland bei einer internationalen Entschuldungskonferenz zu thematisieren.

Auf den Straßen der griechischen Hauptstadt machten auch am Dienstag wieder Tausende Bürger lautstark ihrem Unmut Luft. Sie skandierten "Diebe, Diebe!" sowie Parolen gegen die EU und Deutschland. Die "empörten Bürger", die sich seit vier Wochen auf dem Syntagma-Platz treffen, wollten vor dem Parlament Blockaden errichten. Demonstranten der Gewerkschaft Adedy schlossen sich ihnen an. Bereits seit Montag streiken Mitarbeiter des Energieerzeugers DEI gegen die geplante Teilprivatisierung. In vielen Teilen Griechenlands kam es daraufhin zu Stromausfällen.

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