EuGH-Urteil:Heidenarbeit

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Kirchen dürfen Konfessionslosen nicht einfach Jobs verweigern.

Von Wolfgang Janisch

Der Job sollte evangelischen Bewerbern vorbehalten sein, oder wenigstens solchen, die einer anderen christlichen Kirche angehören. So stand es in der Anzeige des Evangelischen Werks für Diakonie und Entwicklung, für eine befristete Referentenstelle zur Arbeit an einem Bericht in Sachen Antirassismus-Übereinkommen der UN. Nur ein Projekt auf Zeit, bloß eine Referentenstelle, ganz normale Antidiskriminierungsarbeit: Muss man dafür wirklich fest im Glauben sein? Doch wer das Anforderungsprofil zu Ende liest, kommt dann doch ins Grübeln, ob die kirchlichen Loyalitätsansprüche so übertrieben waren. Zur Arbeit sollte auch der öffentliche Auftritt gehören - also die Aufgabe, zum sehr delikaten Thema Rassismus im Namen der Diakonie Stellung zu beziehen.

Über diesen Fall hat nun der Europäische Gerichtshof entschieden, es ging um die Klage einer abgewiesenen - konfessionslosen - Bewerberin. Das Urteil, so viel lässt sich prognostizieren, wird den Spielraum der Kirchen bei der Formulierung solcher Stellenanzeigen einschränken. Zwar rückt auch der Gerichtshof nicht davon ab, dass die Kirchen und ihre Einrichtungen ein Selbstbestimmungsrecht genießen, das auch ihr Recht umfasst, Anforderungen an die Glaubensnähe ihrer Angestellten zu stellen. Allerdings müssten diese Anforderungen wirklich notwendig für die konkrete Stelle sein, und zudem verhältnismäßig. Sonst gilt das als religiöse Diskriminierung Konfessionsloser. Und vor allem: All dies ist gerichtlich im Detail nachprüfbar - das ist neu. Bisher schaute die Justiz im kirchlichen Arbeitsrecht nämlich von der Seitenlinie aus zu und kontrollierte nur, ob das religiöse Jobprofil irgendwie "plausibel" wirkte. Nun stehen die Richter auf dem Platz, jedes Foul wird fortan gepfiffen.

"Das ist ein strengerer Maßstab, als ihn bisher das Bundesverfassungsgericht angewandt hat", sagt Gregor Thüsing, Professor für Arbeitsrecht. "Es wird insbesondere auf die Art der Tätigkeit abgestellt, weniger auf den Kontext kirchlichen Diensts." Das Bundesverfassungsgericht hatte den Kirchen im Jahr 2014 einen überraschend großen Spielraum in Personalfragen eingeräumt, damals ging es um die Kündigung eines geschiedenen Chefarzts, der wieder geheiratet hatte.

Ob die strenge Linie künftig kirchenfernen Bewerbern in großer Zahl Jobs bei Diakonie und Caritas verschafft, ist aber zweifelhaft. Die Kirchen sind inzwischen sehr viel weniger rigide als vor ein, zwei Jahrzehnten. Die evangelische Kirche hat seit dem vergangenen Jahr eine neue Loyalitätsrichtlinie, auch die katholische Kirche hat vor ein paar Jahren eine neue "Grundordnung" formuliert. Liberalität ist freilich auch ein Gebot des Pragmatismus - in manchen Regionen finden sich schlicht nicht genügend christliche Mitarbeiter. Außerdem muss das Bundesarbeitsgericht, das den EU-Gerichtshof angerufen hatte, im konkreten Fall noch ein abschließendes Urteil fällen. Auch da ist noch Spielraum drin. Ob die Klägerin am Ende wirklich gewinnt, ist also noch nicht ausgemacht. Trotzdem, das Urteil wird Folgen haben. Die Diakonie Karlsruhe hat gerade eine Stelle für einen christlichen Buchhalter ausgeschrieben. Gut möglich, dass die Personalabteilung da noch mal ranmuss

© SZ vom 18.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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