EU-Sondertreffen:Durchbruch im Asylstreit bleibt aus

EU-Sondertreffen: Angela Merkel nach dem Sondertreffen in Brüssel.

Angela Merkel nach dem Sondertreffen in Brüssel.

(Foto: AFP)
  • Bei dem Sondertreffen von 16 EU-Staaten in Brüssel erzielt Bundeskanzlerin Merkel noch keinen Durchbruch im Asylstreit.
  • Sie sieht allerdings Lösungsmöglichkeiten auf europäischer Ebene. "Es gab dazu heute viel guten Willen (...) und ein großes Maß an Gemeinsamkeiten", sagte Merkel nach dem Treffen.
  • Italien will derweil die Dublin-Regel abschaffen, nach der Migranten in dem Land einen Asylantrag stellen müssen, in dem sie die EU zuerst betreten haben.

Innerhalb der EU gibt es nach den Worten von Bundeskanzlerin Angela Merkel viel guten Willen, Differenzen in der Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik beizulegen. Es sei eine "gute Debatte" geführt worden, die in den kommenden Tagen fortgesetzt werden solle, sagte Merkel nach einem rund vierstündigen Treffen von 16 EU-Staaten in Brüssel. "Es gab dazu heute viel guten Willen, und auch, neben einigen Unterschieden, doch ein großes Maß an Gemeinsamkeiten."

Man sei sich etwa einig, "dass wir die illegale Migration reduzieren wollen, dass wir unsere Grenzen schützen wollen und dass wir alle für alle Themen verantwortlich sind", sagte sie. Es seien nicht einige Mitgliedstaaten für die Migration in die EU zuständig und die anderen für das Weiterziehen von Flüchtlingen von einem EU-Land in ein anderes. Wo es möglich sei, sollten europäische Lösungen gefunden werden. Wo das nicht möglich sei, "wollen wir die, die willig sind, zusammenführen und einen gemeinsamen Rahmen des Handelns erarbeiten".

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte das Sondertreffen in Brüssel vor dem Hintergrund des erbitterten Streits zwischen den deutschen Unionsparteien CDU und CSU zur Asylpolitik angesetzt. Mehrere Teilnehmer betonten indes, es gehe hier nicht um deutsche Innenpolitik, sondern um ein europäisches Problem. "Es geht nicht darum, ob Frau Merkel nächste Woche noch Kanzlerin bleibt oder nicht", sagte der luxemburgische Regierungschef Xavier Bettel.

Merkel will bis spätestens Ende Juni Kompromisse in der Flüchtlingspolitik mit europäischen Partnern finden. Eine Gesamtlösung zur Migration werde es auch beim anstehenden EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag dieser Woche noch nicht geben können, sagte sie. Es gehe jetzt um bi- oder trilaterale Absprachen, wie man "fair miteinander umgehen" und einen "Ausgleich" im Schengen-Raum schaffen könnte. Ihr Ziel sind Abmachungen, um Asylbewerber leichter in deren Ankunftsländer zurückschicken zu können. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) droht damit, diese Menschen sonst an der Grenze zurückzuweisen. Das ginge zu Lasten von Italien, Griechenland oder Spanien.

Italiens Plan: das Ende der Dublin-Regelung

Italien dringt derweil mit einem neuen Vorschlag auf einen "radikalen Wandel" in der europäischen Asylpolitik. Die Dublin-Regelung, nach der Migranten in dem Land einen Asylantrag stellen müssen, das sie innerhalb der EU zuerst betreten, müsse komplett überwunden werden, sagte Regierungschef Giuseppe Conte vor einem Sondertreffen.

In einem Zehn-Punkte-Plan, aus dem mehrere Nachrichtenagenturen zitieren, schlägt Conte unter anderem ein Konzept "sicherer Häfen" im Mittelmeer vor. Von dort aus sollen Migranten direkt in andere EU-Staaten verteilt werden. "Wer in Italien an Land geht, geht in Europa an Land", heißt es in dem Papier. Italien und Spanien könnten nicht alleine die Menschen von den Rettungsschiffen im Mittelmeer aufnehmen.

Neu wäre, dass der EU-Staat, in dem sich der "sichere Hafen" befindet, nicht mehr für das Asylverfahren aller dort ankommenden Menschen zuständig wäre. Geflüchtete sollen direkt auf andere Mitgliedstaaten verteilt werden - bevor der Asylantrag final geprüft sei.

Jeder Staat müsse sich zudem zur Aufnahme sogenannter Wirtschaftsflüchtlinge verpflichten, die kein Anrecht auf Asyl haben, steht in dem Papier. Sollte dies nicht eingehalten werden, könnten Geldstrafen verhängt werden. Für die Verteilung der Menschen auf die EU-Länder sollen Quoten festgelegt werden. Wer niemanden aufnehmen wolle, könne sich auch finanziell beteiligen.

Viele Forderungen des Plans, den Conte nun in Brüssel vorgestellt hat, sind allerdings nicht neu; die sozialdemokratische Vorgängerregierung hat sie ebenfalls angestrebt - erfolglos. Dennoch zeigte sich der italienische Regierungschef nach dem Migrationstreffen zufrieden. "Wir haben in der derzeitigen Debatte die richtige Richtung eingeschlagen", erklärte er.

Italien sieht sich seit langem in Europa alleine gelassen. Allerdings geht die Zahl der Ankommenden seit einem Jahr stark zurück: Nach Angaben der IOM kamen 2018 rund 16 200 Migranten an - etwa 78 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Die neue populistische Regierung aus Fünf-Sterne-Partei und rechter Lega fährt eine harte Linie und hatte zuletzt mehreren Rettungsbooten die Einfahrt in italienische Häfen verweigert.

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