EU:Pjöngjangs Sklaven in Europa

Nordkoreanische Arbeiter müssen laut Menschen­rechtlern in Polen und anderen Ländern schuften - die EU unternimmt nicht wirklich etwas dagegen. Sie sieht aber die Mitgliedstaaten in der Pflicht.

Von Daniel Brössler, Brüssel

Sie schuften streng bewacht, sehen fast keinen Lohn und kennen kaum Freizeit. Menschenrechtler prangern dies als Sklavenarbeit an und auch der UN-Menschenrechtsrat beklagt "Berichte über Zwangsarbeit". Es geht um Nordkoreaner, allerdings nicht innerhalb der abgeschotteten Diktatur, sondern im Ausland. Für das Regime in Pjöngjang beschaffen sie dringend benötigte Devisen. Geld, das ins Raketen- und Nuklearprogramm fließt, wie der UN-Sicherheitsrat vergangene Woche in seiner Resolution feststellte. Die Nordkoreaner ackern vor allem in China und Russland - aber auch mitten in Europa.

Nach Zahlen des EU-Statistikamts waren Ende vergangenen Jahres 624 Nordkoreaner mit temporären Arbeitsgenehmigungen in der EU beschäftigt, 534 davon in Polen. Nordkoreaner wurden dort in den vergangenen Jahren immer wieder vor allem auf dem Bau und auf Werften gesichtet. 2014 starb ein nordkoreanischer Werftarbeiter an schweren Verbrennungen. Medien berichteten danach über eine ganze Reihe polnischer Firmen, die mit der Vermittlung nordkoreanischer Vertragsarbeiter gute Geschäfte machen sollen.

Mit nordkoreanischen Arbeitern selbst zu sprechen, gelang Journalisten kaum. Sie werden in aller Regel gründlich abgeschottet. Nach Erkenntnissen des "Data Base Center for North Korean Human Rights" müssen die Nordkoreaner im Schnitt 62 Stunden wöchentlich für einen Monatslohn von kaum mehr als 70 Euro arbeiten. Ihre Gemeinschaftsunterkünfte dürften sie nur in Gruppen verlassen.

Für die Außenbeauftragte Federica Mogherini ist die Angelegenheit heikel

Für die EU, deren Außenbeauftragte Federica Mogherini am Montagabend nach einem Botschaftertreffen die "Geschlossenheit der internationale Gemeinschaft" gegenüber Nordkorea beschwor, ist die Angelegenheit heikel. Mogherini und die Kommission seien sich des Problems nordkoreanischer Arbeiter im Ausland "sehr bewusst", sagte ein Sprecherin - sowohl wegen der vom UN-Sicherheitsrat befürchteten Einnahmen für das nordkoreanische Raketen- und Atomprogramm als auch wegen der "angeblichen Verletzung von Menschenrechten und Arbeitsstandards". Allerdings sei das in erster Sache der Mitgliedstaaten. Es gebe in dem Zusammenhang aber keinen Verstoß gegen Sanktionen, "die die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens rechtfertigen würden". Im Übrigen liege die Anwendung der Sanktionen in der Verantwortung der Mitgliedstaaten und werde von der Kommission lediglich überwacht.

Unter den Mitgliedstaaten führt die immer noch hohe Zahl nordkoreanischer Vertragsarbeiter in Polen allerdings zu Irritationen. Das Argument Polens, man könne bestehende Arbeitsgenehmigungen nicht einfach zurückziehen, gilt als fragwürdig. Bestehe der Verdacht, dass Einnahmen aus dem Geschäft mit den nordkoreanischen Arbeitern in die verbotenen Raketen- und Nuklearprogramme des Landes fließen, könnten solche Genehmigungen auf Grundlage der Sanktionen sehr wohl widerrufen werden.

Noch 2016 hatte das EU-Statistikamt unionsweit sogar 65 neue Arbeitsvisa für Nordkoreaner verzeichnet, allein 53 davon in Polen sowie acht in Deutschland. Insgesamt 54 nordkoreanische Beschäftigte im Jahr 2016 registrierte die EU-Statistik für Deutschland. Steigen darf die Zahl der nordkoreanischen Vertragsarbeiter nun nicht mehr. Das verbietet die neue UN-Resolution.

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