EU-Parlament:Männerfreundschaft

Ist Brüssel stärker als die Buddy-Paarung Schulz-Juncker?

Von Daniel Brössler

Jean-Claude Juncker darf sich zunächst bestätigt fühlen. Juncker hatte davor gewarnt, dass ein Weggang von Parlamentspräsident Martin Schulz die Stabilität in Brüssel gefährde. Genau danach sieht es nun aus. Der sozialdemokratische Fraktionschef Gianni Pittella hat seine Kandidatur für die Nachfolge von Schulz erklärt und damit vorläufig die offiziell nie erklärte Koalition mit den Christdemokraten beendet. Das fügt den vielen Problemen der EU zwar erst einmal eines hinzu, aber keines, das nicht gelöst werden könnte.

Zunächst einmal: Die Verwirrung, die Brüssel erfasst hat, ist normal. Mehr als zwei Jahre lang prägte die ungewöhnliche politische Paarung Juncker-Schulz die Agenda. In ihrem Schatten standen viele, auch der Italiener Pittella. Er muss nun zeigen, dass die Sozialdemokraten nur Abschied nehmen von Schulz und nicht von jeglichem Machtanspruch. Wer tatsächlich im Januar an die Spitze des Parlaments tritt, ist noch nicht abzusehen - und muss es auch nicht sein. Der Machtkampf gefährdet nicht die europäische Demokratie, er gehört zu ihr.

Allerdings haben die Abgeordneten nicht nur die Verantwortung, einen Präsidenten zu wählen, sondern auch die Kompromissmaschine Brüssel am Laufen zu halten. Sollte sich herausstellen, dass die Stabilität abhängig war von einer einzigen Männerfreundschaft, wäre es um die EU noch schlechter bestellt als gedacht.

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