Die französische Präsidentschaftskandidatin und Europaabgeordnete Marine Le Pen könnte ihre parlamentarische Immunität verlieren. Der Rechtsausschuss des Europaparlaments sprach sich am Dienstagabend dafür aus, der französischen Justiz eine Strafverfolgung der Vorsitzenden des Front National zu ermöglichen. Die Staatsanwaltschaft von Nanterre bei Paris hatte Ende 2015 gegen Le Pen Ermittlungen wegen der Verbreitung brutaler Fotos von Opfern der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) auf Twitter eingeleitet.
18 Mitglieder des Ausschusses votierten dafür, drei dagegen, wie das Europäische Parlament mitteilte. Über die Empfehlung soll nun am Donnerstag in der Vollversammlung abgestimmt werden. In der Regel folgen die Europaabgeordneten dem Votum des Ausschusses.
Le Pen hatte unter anderem ein Bild verbreitet, das den enthaupteten Leichnam des US-Journalisten James Foley zeigt. Zu den Bildern der IS-Opfer schrieb sie auf Twitter: "DAS ist der IS." Sie reagierte damit auf Äußerungen des bekannten Journalisten Jean-Jacques Bourdin, dem sie vorwarf, eine Parallele zwischen ihrer Partei und der IS-Miliz gezogen zu haben.
Weitere Vorwürfe gegen Le Pen
Le Pen war zuletzt auch wegen des Verdachts der regelwidrigen Bezahlung von Mitarbeitern unter Druck geraten. Die europäische Antibetrugsbehörde Olaf hatte unlängst mitgeteilt, dass die Abgeordnete für einen Assistenten im Europaparlament einen "rein fiktiven" Arbeitsvertrag ausgestellt habe. Le Pen weist die Vorwürfe zurück. Mit diesen Ermittlungen steht die Entscheidung des Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments aber nicht im Zusammenhang.
Die parlamentarische Immunität soll Abgeordnete vor allem vor Einschüchterungsversuchen mit juristischen Mitteln schützen. Staatsanwaltschaften können nicht strafrechtlich gegen einen Abgeordneten ermitteln, solange die Immunität in Kraft ist. Abgeordnete bleiben auch im Fall eines Immunitätsverlusts im Parlament.