EU:Mehr Transparenz für Brüssel

Die Grünen fordern, dass der Einfluss von Lobbyisten in der Europäischen Union schärfer kontrolliert wird.

Von Thomas Kirchner, Brüssel

Der künftige Job des ehemaligen Präsidenten der EU-Kommission José Manuel Barroso als Berater für die Bank Goldman Sachs; Neelie Kroes, die während ihrer Amtszeit als EU-Kommissarin einer Briefkastenfirma auf den Bahamas als Direktorin vorstand: All dies hat die Debatte über Transparenz, die Macht der Lobby und Verhaltensregeln für die Mitglieder der EU-Institutionen neu entfacht. Vor einer Woche machte die EU-Kommission einen Vorschlag. Demnach sollen sich auch höherrangige Vertreter des Rats, des Gremiums der Mitgliedstaaten, sowie des Europaparlaments nur noch dann mit Lobbyisten treffen, wenn diese sich in das bisher noch freiwillige Transparenzregister eingetragen haben. Kommissare und andere hohe Beamte der Behörde halten sich seit Dezember 2014 an diese Regel.

Bis zu 24 Monate nach Ende des Mandats sollen Abgeordnete ihr Insiderwissen nicht preisgeben

Die Grünen im EU-Parlament haben nun eigene Ideen vorgelegt, wie der Lobbyeinfluss in ihrem Haus mit einer Änderung der Geschäftsordnung reguliert werden könnte. Der Plan der Kommission gehört dazu, doch nicht nur Ausschussvorsitzende und Berichterstatter, sondern alle Abgeordneten werden "eingeladen", über Lobbytreffen auf der Website des Parlaments Bericht zu erstatten. An Berichte zu einem bestimmten Thema soll eine Liste mit den Namen aller konsultierten Lobbyisten angehängt werden. Während der 6 bis 24 Monate, in denen Europaabgeordnete nach Beendigung ihres Mandats ein Übergangsgeld zusteht, sollten sie nach Ansicht der Grünen ihr Insiderwissen nicht als Lobbyisten einsetzen dürfen. Jede neue Beschäftigung sei dem Parlament mitzuteilen. Ein Nebenjob als Lobbyist sollte ebenso verboten werden wie die Annahme von Geld für Reden, Artikel oder Auftritte, die "zum Kern der Abgeordnetenarbeit" gehörten und nicht zusätzlich bezahlt werden dürften. Interessant, aber vermutlich kaum durchzusetzen ist die Forderung der Grünen, Ergebnisse der "Triloge" bei der Gesetzgebung zu veröffentlichen. Immer wieder ist kritisiert worden, dass diese wichtigen Treffen zwischen Vertretern von Kommission, Rat und Parlament hinter verschlossenen Türen ablaufen.

Transparency International hatte den Vorstoß der Kommission als "zögerlich und kosmetisch" bezeichnet. Er lasse außer Acht, dass wesentliche Treffen bei der Vorbereitung eines Gesetzes zwischen Beamten auf der unteren Ebene und Lobbyvertretern stattfänden. Das Transparenz-Register wurde 2011 eingeführt, bisher haben sich knapp 10 000 von vermutlich mehr als 30 000 Lobbyisten eingetragen. Die Öffentlichkeit erfährt dadurch auch, wie viel Geld einer Institution, einem Unternehmen oder einer Kanzlei für die Wahrung ihrer Interessen in Brüssel zur Verfügung steht. Während Teile des EU-Parlaments mehr Transparenz befürworten, ist die Neigung auf Seiten der nationalen Regierungen viel schwächer. Ihnen liegt wenig daran, die Kontakte ihrer Brüsseler Emissäre mit Interessenvertretern zu veröffentlichen.

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